Widerstandswochenende gegen rechte Studentenverbindungen in Coburg

In der fränkischen Kleinstadt Coburg fand ein Protestwochenende gegen das Jahrestreffen von über 2.000 Mitgliedern des elitären, rechten Männerbundes Coburger Convent statt.

Jedes Jahr zu Pfingsten herrscht in der fränkischen Kleinstadt Coburg Ausnahmezustand. Zwischen 2.000 und 5.000 Mitglieder des Coburger Convents, ein Zusammenschluss von Landsmannschaften und Turnerschaften, pflichtschlagenden Studentenverbindungen, übernehmen die Vorherrschaft in den Straßen der Stadt. Geschützt von einem massiven Polizeiaufgebot haben die CC-Mitglieder praktisch jede Form der Freiheit in der konservativen Kleinstadt. Schulen werden den Verbindungsstudenten als Schlafplätze zur Verfügung gestellt und betrunkene Korporierte, teilweise mit Säbeln ausgestattet, prägen das Stadtbild. Doch dagegen regt sich seit Jahrzehnten immer wieder Protest. So ist das Pfingstwochenende auf dem besten Weg, zu einem überregionalen Fokus von Protest und Vernetzung zu werden.

Entschlossene Demonstration am Freitag

Aus verschiedenen Städten, unter anderem Berlin, Erfurt, Leipzig, Bayreuth, Tübingen und vielen anderen Orten, waren Aktivist:innen teilweise mit Bussen angereist, um sich am Protest zu beteiligen. Zur Demonstration am Freitagabend wurde unter anderem unter der Parole „Für eine Welt ohne Sexismus, Nationalismus oder deutsche Männer(bünde)! Kampf dem CC!“ aufgerufen. Etwa 200 Menschen beteiligten sich trotz des Werktags an der Demonstration. Hier standen nicht nur die rechtsextremen Netzwerke des Coburger Convents im Mittelpunkt, sondern auch die patriarchale Formierung des Männerbunds und seine Bedeutung als Karrierenetzwerk für reaktionäre Entscheidungsträger und ihre Erfüllungsgehilfen. So stammen viele Politiker aus CDU/CSU und AfD ebenso wie Männer an den Schaltstellen in Behörden und Wirtschaft aus dem Verbindungsspektrum. Prominente historische Beispiele sind der ehemalige BDI-Vorsitzende und NS-Täter Hans-Martin Schleyer sowie der für das PKK-Verbot verantwortliche damalige Bundesinnenminister Manfred Kanther.

Workshops und Veranstaltungen am Wochenende

Die Aktivist:innen hatten für ein buntes Programm gesorgt, an dem es nicht nur um die Auseinandersetzung mit dem Coburger Convent, sondern um die Schaffung von Alternativen und den Austausch ging. So fanden Veranstaltungen zu den Themen Antisemitismus, Rechtsextreme und Burschenschaften, aber auch ein Screening des Films „The Other Side Of The River“ der Regisseurin Antonia Kilian über den Frauenwiderstand in Rojava statt. Der Bezug zum Modell Rojava als eine Alternative zur kapitalistischen Moderne war immer wieder zu spüren. Dies wurde auch wiederholt in Parolen gezeigt. Viele Aktivist:innen waren auf einem eigens für die Proteste eingerichteten Camp untergebracht. Immer wieder kam es auch zu Festnahmen und Polizeiprovokationen. So wurde eine Veranstaltung in einem Kulturzentrum wegen „Ruhestörung“ mit einem massiven Polizeieinsatz beendet, während Mitglieder des CC laut grölend durch die nächtliche Coburger Innenstadt ziehen konnten.

Proteste gegen Fackelmarsch

Am Abend des Pfingstmontags veranstaltet der CC jedes Jahr seinen traditionellen Fackelmarsch. Aus dem Festzelt marschierten erneut etwa 2.000 uniformierte Korporierte zum Marktplatz der Kleinstadt, wo die Fackeln unter dem Absingen der Nationalhymne auf den Festplatz geworfen wurden. Die Polizei hatte vorher den Innenstadtbereich weiträumig abgeriegelt. Auf vier Protestkundgebungen versammelten sich dennoch mehrere hundert Aktivist:innen an der Strecke des Fackelmarsches. Besonderen Eindruck bei Passant:innen hinterließ eine Videokundgebung, auf der gezeigt wurde, wie Korporierte des Coburger Convents in einem ganz ähnlichen Ritual 1933 Bücher in Coburg verbrannten. Auch wurde hier darauf hingewiesen, dass der Macher des antisemitischen Propagandamachwerks „Der ewige Jude“, Fritz Hippler, aus dem Coburger Convent stammt und auch nach der Zerschlagung des Naziregimes weiter als wichtiger Funktionär des Korporationsverbandes Karriere machte. Entlang der Strecke riefen die Aktivist:innen den CC-Mitgliedern antisexistische und antifaschistische Parolen entgegen. In der Fußgängerzone wurden Aktivist:innen teilweise von der Polizei gekesselt, und es kam zu Gewahrsamnahmen. Insgesamt kann das Widerstandswochenende als Auftakt für eine neue Kampagne gegen den Coburger Convent und andere patriarchale Männerbünde stehen.