Wegen Govend: „Terror“-Verhaftungen in Istanbul

Weil sie auf einer Kundgebung am Antikriegstag zu kurdischer Musik getanzt haben, sind zwölf Personen in Istanbul verhaftet worden. Der Vorwurf: Propaganda für eine „Terrororganisation“.

Bei Antikriegstagprotest getanzt

Nach ihrer Teilnahme an einer Kundgebung zum Antikriegstag in Istanbul sind zwölf junge Menschen verhaftet worden. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt sie, mit Tänzen Propaganda für eine „Terrororganisation“ – gemeint ist die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – betrieben zu haben. Das ließ die Behörde nach der angeordneten Untersuchungshaft am Montagabend im Istanbuler Justizpalast verlauten. Diese Bewertung fuße auf den Angaben der Polizeibeamten, die die zumeist jugendlichen Personen am Tag zuvor auf dem Kundgebungsgelände im Istanbuler Stadtteil Kadıköy festgenommen hatten. Zuvor war die Gruppe mit Pfefferspray und Schlagstöcken von der Polizei attackiert worden.

Die Kundgebung am Antikriegstag war von dem Bündnis für Arbeit, Frieden und Demokratie veranstaltet worden. Zu den Mitgliedern gehört auch der Gewerkschaftsbund KESK, der Dachverband der Gewerkschaften im öffentlichen Dienst in der Türkei ist. Deren Istanbuler Sprecher Ertuğrul Eroğlu verurteilte die Verhaftungen scharf. Auf einer Pressekonferenz im Büro der Bildungsgewerkschaft Eğitim Sen sagte Eroğlu, dass die Jugendlichen lediglich zu kurdischer Musik den Govend getanzt hätten, als sie von mehreren Polizisten plötzlich eingekesselt und überfallartig attackiert wurden. „An einem Tag, an dem fast überall auf dem Globus Menschen auf der Straße waren, um eine Welt ohne Krieg und Ausbeutung einzufordern, wurden wir wiederholt mit der Intoleranz der politischen Macht gegenüber Frieden und Geschwisterlichkeit konfrontiert“, kritisierte der Gewerkschafter.

Auch die DEM verurteilte die Inhaftierungen und bezeichnete den Vorgang als „Angriff des Faschismus auf die organisierte Jugend“. Bei einem Großteil der nun in Untersuchungshaft sitzenden Jugendlichen handelt es sich nach Angaben der Partei um Mitglieder ihres Jugendrates. „Es sollte allgemein bekannt sein, dass unser Kampf für den Sozialismus und das freie Kurdistan, der der einzige Weg zu einem würdevollen Frieden ist, nicht in den Institutionen des Faschismus abgeurteilt werden kann“, erklärte die DEM-Jugend in einer Mitteilung. „Lasst unsere Freundinnen und Freunde umgehend frei“, forderte die Organisation.