Wahlstrategie des Bündnisses für Arbeit und Freiheit vorgestellt

Das Bündnis für Arbeit und Freiheit hat sich auf eine Wahlstrategie geeinigt. Parteien können regional mit eigenen Kandidat:innen und Logos antreten, das Bündnis bildet jedoch das Dach. Für die HDP wird im Falle des Verbots die YSP ins Rennen gehen.

Die sechs im Bündnis für Arbeit und Freiheit vertretenen Parteien, dem auch die Demokratische Partei der Völker (HDP) angehört, hat beschlossen, als gemeinsame Liste in die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei am 14. Mai zu gehen. Allerdings könnten alle Mitgliedsparteien auch mit ihren eigenen Namen und Listen antreten. So soll garantiert werden, dass sich Parteien nicht gegenseitig daran hindern, Abgeordnete ins Parlament zu entsenden. Bestimmte Parteien haben starke regionale Schwerpunkte und sind daher darauf angewiesen, in bestimmten Gebieten direkt anzutreten. Zuvor war es zu intensiven Diskussionen mit den Vertreter:innen der TIP (Türkischen Arbeiterpartei) gekommen, die darauf bestand, mit eigenen Kandidatenlisten und eigenem Logo an bestimmten Orten in die Wahl gehen zu können.

Konflikt um Einzelkandidatur gelöst

Die Ko-Vorsitzenden und Parteivorsitzenden der EMEP (Partei der Arbeit), EHP (Partei der Arbeiterbewegung), HDP, SMF (Föderation der Sozialistischen Räte), TIP und der TÖP (Sozialen Freiheitspartei) waren am Donnerstag zusammengekommen, um die Wahlstrategie und ihre Haltung in Bezug auf die Präsidentschaftskandidatur zu diskutieren. Eine Versammlung am Mittwoch war unterbrochen worden, da die TIP auf der Möglichkeit bestand, als Partei und mit eigenen Kandidatenlisten und nicht nur als Wahlbündnis anzutreten. Nach Gesprächen insbesondere zwischen HDP und TIP und innerhalb der HDP wurde sich auf eine Kompromissposition geeinigt.

Grundsätzlich ist es nun für die Parteien des Bündnisses weiterhin möglich, Kandidat:innen aus der gemeinsamen Liste aufstellen, aber in einigen Wahlbezirken können die Parteien des Bündnisses mit ihren eigenen Namen und Listen zu den Wahlen antreten, so dass die Parteien sich nicht gegenseitig daran hindern, Abgeordnete zu stellen.

Dementsprechend wird die TIP, von der bekannt ist, dass sie in einigen Wahlbezirken mit eigenem Namen und Logo antreten will, dort Kandidat:innen aufstellen können, wo es unwahrscheinlich ist, dass sie anderen Parteien des Bündnisses so einen Stimmanteil wegnimmt. Die EMEP, die Teil des Bündnisses ist, erwägt ebenfalls, an einigen Orten mit eigenen Kandidat:innen anzutreten. Es wird erwartet, dass die Partei ihre Entscheidung in dieser Frage am Wochenende abschließend trifft.

YSP als mögliche Ersatzpartei im Falle von HDP-Verbotsverfahren

Außerdem wird dort, wo die HDP stark ist, die Grüne Linkspartei (YSP) antreten. Die YSP gilt als Nachfolgerin der HDP im Falle eines Verbots. Die HDP wird in 81 Städten solche Kandidat:innen aufstellen, falls das Verfassungsgericht das Verbotsverfahren gegen die HDP nicht auf die Zeit nach den Wahlen verschiebt. Vieles deutet allerdings daraufhin, dass das Regime das HDP-Verbot noch vor den Wahlen durchsetzen möchte. Am 11. April findet dazu eine Verhandlung vor dem Verfassungsgericht statt. Das Verfahren dürfte bis nach dem Urnengang andauern. Somit weiß die Partei nicht, ob sie überhaupt an den Wahlen teilnehmen kann. Sollte es ihr verboten werden, hat sie mit der Yeşil Sol Parti („Grüne Linkspartei“) eine Ersatzpartei gefunden, zu deren Wahl sie dann aufrufen würde. Diese bereits 2010 gegründete Kleinpartei hat in den letzten Monaten im gesamten Land Parteistrukturen aufgebaut, um zu den Wahlen zugelassen zu werden.

Von der Kampfallianz zum Wahlbündnis

Nach der Versammlung wurde eine gemeinsame Erklärung abgegeben: „Es hat sich der Wille herausgebildet, den Prozess, den wir als Kampfallianz begonnen haben, zu einem Wahlbündnis auszuweiten. Es wurde beschlossen, als Bündnis für Arbeit und Freiheit zu den Wahlen anzutreten. Die Arbeit wird sich in ihrer technischen und methodischen Umsetzung darauf stützen, die Errungenschaften aller Kräfte, die Teil des Bündnisses sind, insbesondere auch der HDP, zu schützen und weiterzuentwickeln.“

Entscheidung zur Präsidentschaftskandidatur steht noch aus

Darüber hinaus wurde das Thema der Präsidentschaftswahl diskutiert. Eine Bekanntgabe der Entscheidung steht offenbar noch aus: „Wir haben eine ausführliche Diskussion über die auf der Tagesordnung stehenden Präsidentschaftswahlen geführt. Nach dem Erdbeben hatten wir beschlossen, das Verfahren zur Bestimmung des Präsidentschaftskandidaten neu zu bewerten. Wir haben beschlossen, unsere gemeinsame Haltung, die sich aus der heutigen Diskussion ergeben hat, so bald wie möglich auf einer Pressekonferenz mit der Öffentlichkeit zu teilen.“

Währenddessen gab die HDP bekannt, dass der Besuch des Präsidentschaftskandidaten der Nationalen Allianz, Kemal Kılıçdaroğlu (CHP), bei der HDP „aufgrund seines vollen Terminkalenders“ auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wurde. Kılıçdaroğlu sollte am Samstag, den 18. März, um 13.00 Uhr mit den HDP-Vorsitzenden Mithat Sancar und Pervin Buldan in der HDP-Zentrale zusammentreffen. Dieser Affront gegen die HDP stellt vermutlich einen Versuch der Nationalen Allianz dar, türkisch-nationalistische Kräfte zu beruhigen.

Der Kampf geht weiter

In der Erklärung heißt es abschließend: „In einer Atmosphäre, in der politische Verbote und Verfahren, Gewalt und Unterdrückung weiter zunehmen, setzen wir unsere gemeinsame Arbeit am Wahlprozess und für die Sicherheit der Stimmabgabe gemeinsam mit allen Teilen der Gesellschaft fort.“

Heraus zu Newroz und zum 1. Mai“

Die Bündnis zeigt sich kämpferisch und entschlossen und erklärt: „Mit der Kraft, die wir aus dem Kampf der Frauen ziehen, die am 8. März die Straßen und Plätze lila gefärbt haben, werden wir die Plätze zu Newroz und zum 1. Mai füllen und mit allen demokratischen Kräften siegen. Wir werden das Ein-Mann-Regime beenden.“