Der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. hat in einer Mitteilung auf laufende Prozesse wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129b StGB aufmerksam gemacht. In Deutschland läuft derzeit ein Prozess wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft, das Verfahren wird vor dem Oberlandesgericht Hamburg verhandelt. Ein weiterer 129b-Prozess findet in Düsseldorf wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der DHKP-C statt. „Die Angeklagten wünschen sich jeweils ausdrücklich solidarische Prozessbegleitung und kritische Berichterstattung über die laufenden Prozesse“, teilte AZADÎ mit.
Im Oktober sind demnach folgende Prozesstermine angesetzt, die Termine können laut AZADÎ jedoch auch kurzfristig geändert werden:
Kadri Saka, OLG Hamburg
Freitag, 4. Oktober 2024
Montag, 7. Oktober 2024
Mittwoch, 9. Oktober 2024
Donnerstag, 10. Oktober 2024
Dienstag, 29. Oktober 2024
Die Verhandlungen finden jeweils um 10.30 Uhr im Saal 288 oder 237 des OLG Hamburg am Sievekingplatz 3 in 20355 Hamburg statt.
Özgül Emre, Ihsan Çibelik und Serkan Küpeli, OLG Düsseldorf
Mittwoch, 9. Oktober 2024, 9.30 Uhr
Donnerstag, 10. Oktober 2024, 9.30 Uhr
Montag, 28. Oktober, 11.00 Uhr
Die Verhandlungen wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der DHKP-C finden um 9.30 Uhr am OLG Düsseldorf im Kapellweg 36 in 40221 Düsseldorf statt.
13 Kurden wegen PKK-Verfahren im Gefängnis
In Deutschland befinden sich derzeit 13 Kurden nach §129b StGB in Untersuchungs- oder Strafhaft im Gefängnis. Der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. teilte dazu mit:
Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen, denen Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen wurde, begann bereits Ende der 1980er Jahre – entweder nach §129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung) oder ab Mitte der 1990er Jahre nach §129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die PKK als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gem. §§129a, 129b StGB einzustufen. Hunderte politisch aktive Kurd:innen sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.
In den meisten §129b StGB-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten der Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung und vermeintliche Mitgliedschaft in einer Organisation. Grundlage ist die nach §129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen. Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. In den §129b StGB-Prozessen beantragen die Verteidiger:innen die Rücknahme der Verfolgungsermächtigung, was auch während laufender Verfahren möglich wäre, aber durchgängig abgelehnt wird. Die Besonderheit besteht auch darin, dass die vom BMJV erteilten Ermächtigungen weder begründet werden müssen noch rechtlich angegriffen werden können. Jederzeit können auch Einzelermächtigungen erteilt werden, so stehen inzwischen neben der Führungsebene auch „einfache“ Mitglieder vor Gericht.
Von durch Urteil entschiedenen bzw. zur Anklage gebrachten §129b StGB-Verfahren wegen Mitgliedschaft in der PKK betroffen sind nach derzeitigem Stand und unserer Kenntnis 69 Aktivist:innen; 13 Kurden befinden sich aktuell wegen dieses Vorwurfs in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. Untersuchungshaft.
Die Meldung wurde aktualisiert