Verhaftungen, Meldeauflagen und Hausarrest in Istanbul

In Istanbul sind acht von der Militärpolizei festgenommene Personen unter Terrorvorwürfen verhaftet worden, gegen zwei weitere wurde Hausarrest angeordnet. Vierzehn Betroffene der Festnahmewelle kamen gegen Meldeauflagen auf freien Fuß.

Ein Gericht in Istanbul hat am Donnerstag Untersuchungshaft gegen acht Personen angeordnet, die vor einer Woche bei Razzien der türkischen Militärpolizei (Gendarmerie) festgenommen worden waren. Sie werden beschuldigt, sich zugunsten einer „Terrororganisation“ betätigt zu haben – gemeint ist die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Gegen vierzehn weitere Personen, die im Rahmen desselben Verfahrens festgenommen worden waren, wurden polizeiliche Meldeauflagen erteilt. In zwei weiteren Fällen wurden Anträge auf elektronisch überwachten Hausarrest positiv beschieden. Diese als „Präventivmaßnahme“ verbrämten Mechanismen gelten als Alternative zur Haft und werden von der türkischen Justiz exzessiv ausgeschöpft, um unliebsame Personen unter Kontrolle zu halten.

Im Zuge des von der Generalstaatsanwaltschaft Istanbul geführten Ermittlungsverfahrens war es am vergangenen Donnerstag zu insgesamt 25 Festnahmen gekommen. Neben der Bosporus-Metropole ging die Militärpolizei auch in den kurdischen Provinzen Amed (tr. Diyarbakır), Sêrt (Siirt) und Ezirgan (Erzincan) vor. Anfang der Woche hatte die Staatsanwaltschaft eine Verlängerung des Gewahrsams erwirkt. Die Beweisaufnahme sei noch nicht abgeschlossen worden, hieß es zur Begründung. Bis zur Überstellung an das Gericht wurden die Betroffenen bei der Provinzkommandantur der Militärpolizei im Bezirk Maslak festgehalten. Selbst das staatsanwaltliche Verhör wurde bei der Gendarmerie durchgeführt.

Zunächst war nicht bekannt, worum es bei dem Verfahren geht. Grund ist, dass die Ermittlungen einer Geheimhaltungsklausel unterliegen und Rechtsbeistände keine Akteneinsicht haben. Unter den Festgenommenen in Istanbul befanden sich auch die im Kulturzentrum Mesopotamien (Navenda Çanda Mezopotamya, NÇM) organisierte Dengbêj-Sängerin Xalîde sowie Münevver Ilgin, eine Mitarbeiterin der Demokratischen Partei der Völker (HDP). Beide Frauen kamen gegen Meldeauflagen frei. Eine Person namens Semra Y. wurde nach einem Verhör wieder auf freien Fuß gesetzt.

Im Fall von Xalîde zieht die Istanbuler Staatsanwaltschaft für den Vorwurf der vermeintlichen PKK-Mitgliedschaft offenbar Aussagen eines „geheimen Zeugen“ heran. Demnach sei die Künstlerin „Verantwortliche“ des 2016 per Notstandsdekret verbotenen Sprachenzentrums Kurdî-Der – eine Vorgängerverein des „Vereins für Sprachen und Kulturen in Mesopotamien“ (Med-Der) gewesen. Dengbêj Xalîde wird auch der Terrorpropaganda beschuldigt – im Zusammenhang mit Videos von Auftritten bei HDP-Veranstaltungen, die sie ins Netz gestellt hätte. Bei einem Verhör sei sie unter anderem zu dem kurdischen Lied „Zîlan“ befragt worden, das der Guerillakämpferin Zeynep Kınacı gewidmet ist. Ob und wann Anklage erhoben wird, ist derzeit noch ungewiss.