In der westtürkischen Metropole Istanbul befinden sich seit Donnerstag vergangener Woche mindestens 25 Personen in Polizeihaft der Gendarmerie (Militärpolizei). Grundlage ist ein von der Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft geführtes Ermittlungsverfahren. Zu den Festnahmen war es im Zuge dessen neben Istanbul auch in den kurdischen Provinzen Amed (tr. Diyarbakır), Sêrt (Siirt) und Ezirgan (Erzincan) gekommen. Nun hat die Behörde bei Gericht eine Verlängerung des Gewahrsams erwirkt. Die Beweisaufnahme sei noch nicht abgeschlossen worden, heißt es zur Begründung.
Für die Betroffenen bedeutet die Anordnung vier weitere Tage Aufenthalt in der Provinzkommandantur der Militärpolizei im Kreis Maslak. Worum es bei dem Verfahren geht, ist unterdessen weiter unklar, da die Akte einer Geheimhaltungsklausel unterliegt und Rechtsbeistände keine Akteneinsicht haben. Diese Praxis wird bei Verfahren nach der türkischen Anti-Terror-Gesetzgebung standartmäßig angewendet. Es handelt sich um eine beliebte Methode der Justizbehörden, die Verteidigung zu torpedieren. Copy/Paste-mäßig heißt es dann, die Berechtigung, den Inhalt der Akte zu prüfen oder Kopien der Dokumente anzufertigen, könne den Zweck der Ermittlungen gefährden.
Bei den meisten Betroffenen der Festnahmewelle ist die Identität noch unklar. Unter ihnen befindet sich mit der Dengbêj-Sängerin Xalîde auch eine Künstlerin des Istanbuler Kulturzentrums Mesopotamien (Navenda Çanda Mezopotamya, NÇM). Auch eine Mitarbeiterin der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Münevver Ilgin, ist festgenommen worden. Bei Dengbêj Xalîde lief die Razzia während ihrer Festnahme besonders brutal ab. Mitglieder einer militärpolizeilichen Spezialeinheit schlugen die Kurdin weiteren Anwesenden zufolge, verwüsteten ihre Wohnung, beschlagnahmten Notenhefte und Bücher und beschädigten eine Langhalslaute.