Urteilsverkündigung gegen Kadri Saka am 15. November

Im Prozess gegen den kurdischen Aktivisten Kadri Saka vor dem OLG Hamburg hat die Verteidigung auf Freispruch plädiert, hilfsweise auf eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten. Das Urteil wird am 15. November verkündet.

PKK-Prozess in Hamburg

Vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg wurde am Dienstag der Prozess gegen Kadri Saka fortgesetzt. Dem 58-jährigen Familienvater aus Bremen wird von der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg nach §§129a/b StGB eine mitgliedschaftliche Betätigung für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) von Dezember 2018 bis zu seiner Festnahme im Januar 2024 vorgeworfen. Der Prozess wurde am 15. Juli eröffnet, gestern war der fünfzehnte Verhandlungstag.

Staatsanwaltschaft forderte zwei Jahre und vier Monate Haft

Am vorherigen Verhandlungstag am 29. Oktober wurde die Beweisaufnahme für beendet erklärt. Im Anschluss verlas der Staatsanwalt sein Abschlussplädoyer, in dem er eine Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten für Kadi Saka forderte. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass Kadri Saka als sogenannter „Frontarbeiter“ Aufgaben für den Bremer „PKK-Gebietsleiter“ ausgeübt habe. Das hohe Strafmaß rechtfertigte er unter anderem damit, dass bisher die Strafen für „Frontarbeiter“ zu gering ausgefallen seien.

Verteidigung plädiert auf Freispruch

Am 5. November, dem 15. Verhandlungstag, füllte sich der Gerichtssaal mit Zuschauer:innen. Das Interesse am Plädoyer der Verteidigung war groß. Rechtsanwältin Gabriele Heinecke nahm in ihren Ausführungen Bezug auf die aktuellen Geschehnisse in der Türkei und sagte, dass sich seit dem letzten Prozesstag einiges geändert habe: Die momentane Prüfung der Inhaftierung des PKK-Begründers Abdullah Öcalan, seine mögliche Freilassung und die damit aufkommende Debatte, ob die PKK eine Terrororganisation sei. Es bestünde die Möglichkeit, dass diese Debatte Einfluss auf den Prozess gegen Kadri Saka nehmen könne.

Im Anschluss begann die Verteidigung den wesentlichen Teil ihres Plädoyers. Die Anwältin griff die Vorwürfe gegen Kadri Saka auf und entkräftete sie anschließend. Dem Vorwurf, dass Kadri Saka während des Prozesses strategisch gehandelt hätte, widersprach Heinecke. Kadri Saka würde das sagen „was ihm auf der Zunge läge“. Er sei ein direkter Mensch, der nicht strategisch handele und denke.

Außerdem hätte der Angeklagte nicht gewusst, dass er sich durch sein Engagement strafbar mache, bevor er festgenommen wurde. Seit den 1990er Jahren engagiere Kadri Saka sich für ein freies Kurdistan, was durch seine Kultur bedingt sei. Seine Lebensgeschichte sei geprägt von Unterdrückung und Gewalt seitens des türkischen Staates. Diese Lebensgeschichte würden viele Kurden und Kurdinnen teilen. Die Anwältin argumentierte, er habe nicht wissen können, dass er sich eventuell strafbar machte, da er nie des Besseren belehrt worden sei. Es hätte weder eine Ermahnung noch eine Ansprache gegeben. Somit hätte Kadri Saka nicht vorsätzlich gehandelt, lediglich aus Unwissenheit.

Dem Vorwurf des sogenannten „Frontarbeiters“ entgegnete die Anwältin, dass Kadri Saka nur praktische Aufgaben übernahm, alles andere sei „aufgeblasen“ und entspräche „nicht der Wahrheit“. Er hätte keine Entscheidungsmacht gehabt und lediglich organisatorische Aufgaben übernommen, wie das Spendensammeln oder das Besorgen von Materialien. Kadri Saka habe sich sozial und kulturell im Verein Biratî e.V. in Bremen engagiert.

Die Verteidigung argumentierte im Bezug auf das Sammeln von Spenden, dass es keine ausreichenden Beweise für den Vorwurf der Finanzierung einer terroristischer Vereinigung gäbe. In Europa gesammelte Gelder würden primär für die Medienarbeit genutzt. Es gebe keine hinreichende Belege, dass mit diesen Spenden die Guerillaorganisation HPG finanziert würde. Der einzige Hinweis, der während des Verfahrens genannt werden konnte, sei eine Lieferung von wasserdichten Socken, die vor Jahren an die Guerilla geliefert worden sein soll.

Der Vorwurf der „Paralleljustiz“ durch PKK-Strukturen aufgrund von Streitschlichtung in der kurdischen Community dürfe nicht in die Anklage aufgenommen werden, da per Gesetz Zeugen angehört werden müssten, um eine Aufklärung zu gewährleisten. Dies sei nicht geschehen.

Dass Kadri Saka Mitglied einer terroristischen Vereinigung sein soll, hielt die Verteidigung für „bedenklich“. Die Aufgaben der kurdischen Diaspora in Europa seien beschränkt. Sie würden sich auf das Informieren der europäischen Öffentlichkeit, das Einsetzen für die Befreiung von Abdullah Öcalan und den Aufbau des demokratischen Konföderalismus in Kurdistan eingrenzen lassen. Die Diaspora und somit auch Kadri Saka hätten keinen Einfluss auf militärische Handlungen in der Türkei oder Kurdistan.

Die Verteidigung plädierte auf Freispruch, hilfsweise auf eine Verurteilung in einem minderschweren Fall zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und sofortige Aufhebung des Haftstatuts. Kadri Saka verzichtete auf ein letztes Wort als Angeklagter.

Urteilsverkündung am 15. November

Die zuvor angesetzten Verhandlungstermine am 7. und 11. November entfallen. Das Urteil wird am 15. November um 11 Uhr am OLG Hamburg (Sievekingplatz 3, 20355 Hamburg) im Saal 288, 279 oder 237 verkündet.