Unterstützung für HDP aus dem Europaparlament

Dem Aufruf der kurdischen Freundschaftsgruppe im Europaparlament zum Solidaritätsprotest mit der HDP sind eliche Abgeordnete gefolgt. Sie kritisieren den Kobanê-Massenprozess gegen die Politikerinnen und Politiker der HDP scharf.

Am Montag begann in Ankara ein Massenprozess gegen führende Politikerinnen und Politierk der Demokratischen Partei der Völker (HDP). 108 Personen, unter ihnen die ehemaligen Ko-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş, sind wegen Aufrufen zu den Kobanê-Protesten im Jahr 2014 angeklagt. Gegen die Angeklagten werden mehrfach lebenslange Haftstrafen gefordert. Weltweit regt sich Solidarität mit der HDP. Dem Aufruf der Koordination der kurdischen Freundschaftsgruppe im Europaparlament folgten viele Abgeordnete und versammelten sich mit Plakaten vor dem Gebäude in Brüssel.


An der Aktion nahmen unter anderem der österreichische Europaparlamentarier Andreas Schieder (S&D), der Abgeordnete Thijs Reuten (Progressive Allianz), Leila Chaibi (Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke), Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL), der baskische Parlamentarier Pernando Barrena (GUE/NGL), die Abgeordnete Özlem Alev Demirel (GUE/NGL), der Abgeordnete Miguel Urbán Crespo (GUE/NGL), die katalanischen Abgeordneten und Clara Ponsatí Obiols, Anne-Sophie Pelletier (GUE/NGL), die Ko-Vorsitzende der europäischen Grünen Evelyne Huytebroeck, der HDP-Europavertreter Devriş Çimen und Mitarbeiter*innen der Fraktionen teil. In einer gemeinsamen Botschaft bekundeten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments ihre Solidarität mit der HDP und forderten die Länder der Europäischen Union (EU) auf, Druck auf das Erdoğan-Regime auszuüben.

Papadimoulis: „Die Rechte des kurdischen Volkes sind die Rechte der Demokratie“

Der Vizepräsident des Europaparlaments, Dimitrios Papamoulis (SYRIZA), erklärte gegenüber ANF: „Ich denke, dieses Verfahren ist zu 100 Prozent inakzeptabel. Es zeigt, dass in der Türkei unter dem Erdoğan-Regime ein Mangel an Demokratie, ein Mangel an Respekt vor dem Parlament, ein Mangel an Rechtsstaatlichkeit und ein Mangel an Menschenrechten besteht.“ Er unterstrich diese Feststellung mit dem Hinweis auf das Verfahren gegen Selahattin Demirtaş, der trotz Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte weiterhin rechtswidrig in Haft gehalten wird, sowie den Ausstieg aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt.

Papamoulis kritisierte auch die EU-Führung scharf und sagte: „Das Problem liegt nicht bei den Menschen in Europa, sondern bei den Eliten. In den Regierungen und in der Europäischen Kommission gibt es viele Menschen, die blind gegenüber dem Desaster an Demokratie in der Türkei sind. Das liegt daran, dass sie Erdoğan als einen Partner betrachten, um an ihn Waffen zu verkaufen, Geschäfte zu machen und ihre ökonomischen Interessen durchzusetzen.“ Er rief zum solidarischen gemeinsamen Kampf auf, „denn die Rechte des kurdischen Volkes sind die Rechte der Demokratie“.

Andreas Schieder: „Solidarität mit der HDP“

Andreas Schieder (SPÖ), Abgeordneter der Europäischen Sozialdemokraten und Mitglied der Koordination der kurdischen Freundschaftsgruppe im Europarlament, verurteilte das Verfahren als „den Menschenrechten, der politischen Freiheit und dem europäischen Recht widersprechend“. Er erklärte: „Das Europäische Parlament protestiert scharf [gegen das Verfahren] und ich spreche hier als einer der Ko-Vorsitzenden der kurdischen Freundschaftsgruppe. Wir sagen deutlich, wir akzeptieren das nicht. Wir müssen uns sehr deutlich gegenüber dem türkischen Präsidenten ausdrücken. Wenn Präsident Erdoğan so weiter macht, dann werden wir Druck machen, die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei einzustellen.“

Widerrechtlich Inhaftierte müssen umgehend freigelassen werden

Auch der niederländische Abgeordnete Thijs Reuten (PvdA/Labour) kritisierte die Repression gegen die HDP: „Wir stehen hier in Solidarität mit all den Menschen, die dort illegal inhaftiert sind. Die Inhaftierten sind demokratisch gewählt, es handelt sich um Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Vorstandsmitglieder der HDP. Es ist unerlässlich, dass sie bald möglichst freigelassen werden, denn sie haben ihre demokratischen Pflichten zu erfüllen. Wir stehen hier in Solidarität mit ihnen, denn sie befinden sich in einem rechtswidrigen Verfahren.“

Reuter betonte, dass eine Annäherung der Türkei an die EU nur auf der Grundlage von „glaubwürdigen Schritten“ in Sachen Rechtsstaatlichkeit, Menschen- und Frauenrechten möglich sei.

Miguel Urbán Crespo: „Demokratie gemeinsam verteidigen“

Der spanische Abgeordnete Miguel Urbán Crespo (Podemos) griff ebenfalls die Repression des türkischen Staates scharf an. Er wies darauf hin, dass Erdoğan keinerlei Opposition dulde und deshalb versuche, die HDP zu kriminalisieren und zu illegalisieren. Die EU forderte er auf, dies nicht zuzulassen und sich nicht von Erdoğan in der Frage der Schutzsuchenden erpressen zu lassen. Er sagte: „Ich bin davon überzeugt, dass die europäischen Völker gemeinsam mit dem kurdischen und dem türkischen Volk gegen diese gefährliche Lage Stellung beziehen werden. Wir müssen gemeinsam mit diesen Völkern die Demokratie mit all unserer Kraft verteidigen, bevor die Türkei in ein noch schlimmeres, noch autoritäreres Regime abgleitet.“

Chaibi: „Erdoğan muss das kurdische Volk respektieren“

Die französische Abgeordnete Leila Chaibi erklärte ihre Solidarität mit der HDP und forderte die EU auf, Erdoğan zu signalisieren, dass er das Recht nicht willkürlich biegen und beugen könne. Sie fuhr fort: „Es ist mir sehr wichtig, als französische Abgeordnete hier zu sein. Denn Frankreich wurde auch Opfer von Terroranschlägen und wir dürfen nicht vergessen, dass die Kurden uns im Kampf gegen den Terror geholfen haben.“