Wegen Denkmal: Türkei schließt Luftraum für armenische Flugzeuge

Aus Verärgerung über ein Denkmal in Jerewan hat die Türkei ihren Luftraum für armenische Flugzeuge geschlossen. Das Denkmal erinnert an Teilnehmer der „Operation Nemesis“, die zwischen 1920 und 1922 Rache für den Völkermord nahm.

Die Türkei hat aus Verärgerung über ein Denkmal in Jerewan ihren Luftraum für armenische Flugzeuge geschlossen. Das Monument solle Armenier „verherrlichen“, die in „Attentate“ auf osmanische und aserbaidschanische Regierungsmitglieder in den 1920er-Jahren und auf türkische Diplomaten in den 70er- und 80er-Jahren verwickelt gewesen seien, sagte Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Mittwoch dem Fernsehsender NTV. Die Türkei nehme das nicht hin und werde weitere Maßnahmen ergreifen, falls das Denkmal nicht beseitigt werde.

Das Denkmal in der armenischen Hauptstadt erinnert an 16 Teilnehmer der „Operation Nemesis“, die zwischen 1920 und 1922 Vergeltung für den Tod von geschätzt 1,5 Millionen Armenierinnen und Armeniern im Zuge des jungtürkischen Genozids nahm. Diese waren im Wesentlichen zwischen 1915 und 1917 bei Massakern und Zwangsdeportationen in die mesopotamische Wüste ums Leben gekommen. Das Monument wurde von dem Architekten Tigran Barseghyan geschaffen und vergangene Woche aus Anlass des 108. Jahrestags des Auftakts des Völkermords auf Beschluss des Stadtrats von Jerewan enthüllt.

Çavuşoğlu sagte, Verlautbarungen der armenischen Regierung, wonach es sich bei dem Denkmal um ein kommunales Projekt handele und eine Einmischung in innere Angelegenheiten der Stadtverwaltung nicht in Frage komme, seien „unaufrichtig und falsch“. Der türkische Minister unterstellte der Regierung in Jerewan, „nicht in guter Absicht zu handeln“. Dem wolle man nicht untätig zusehen, so Çavuşoğlu.

Einweihung des Monuments | Video: Armenpress

Die armenische Luftfahrtbehörde erklärte, sie sei nicht offiziell über die Schließung des türkischen Luftraums informiert worden. Der armenische Parlamentspräsident Alen Simonjan traf am Mittwoch in Ankara ein, um an der 30-Jahr-Feier der Parlamentarischen Versammlung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum (PABSEC) teilzunehmen. Laut Çavuşoğlu sei Simonjan eine Ausnahmegenehmigung erteilt worden, weil es sich bei dem Treffen um eine „internationale Versammlung“ handele. Von nun an würden im türkischen Luftraum selbst VIP-Flüge armenischer Flugzeuge nicht erlaubt werden.

Die Operation „Nemesis“

Die Operation „Nemesis“ war nach der griechischen Rachegöttin benannt und hatte sich gegründet, um die Hauptverantwortlichen für den Genozid an den Armenier:innen – das Triumvirat aus Innenminister Talaat Pascha, Kriegsminister Ismail Enver und Marineminister Ahmed Cemal – und des Bergkarabach-Konflikts von 1918 zu töten. Der erste Schuss fiel 1920 in der georgischen Hauptstadt Tiflis und traf Fatali Khan Khoyski, erster Premierminister Aserbaidschans. Die osmanischen Minister waren nach der Niederlage des Ersten Weltkriegs mit einem deutschen Kriegsschiff geflohen, Talaat Pascha bekam Zuflucht in Berlin. In der Hardenbergstraße im Berliner Ortsteil Charlottenburg wurde er im März 1921 durch den Armenier Soghomon Tehlirian erschossen. Das in Jerewan aufgestellte Denkmal ist auch ihm gewidmet. „Ich habe einen Menschen getötet, aber ich bin kein Mörder”, sagte der damals 24-jährige Tehlirian kurz nach dem Mord. In einem spektakulären Strafprozess vor dem Kriminalgericht des Berliner Landgerichts im Juni 1921, welcher den Genozid auch der deutschen Öffentlichkeit ins Bewusstsein führte, wurde er freigesprochen.

Foto: Vahakn Karakashian | Horizon Weekly