Gedenken an Völkermord in Jerewan

108 Jahre nach dem Auftakt des Genozids an den Armenierinnen und Armeniern im Osmanischen Reich sind unzählige Menschen in Jerewan zur Zizernakaberd gepilgert, um ihrer Toten zu gedenken. Unter ihnen waren auch Mitglieder der kurdischen Gemeinde.

Aus Anlass des 108. Jahrestags des Auftakts des Genozids an den Armenierinnen und Armeniern im Osmanischen Reich sind am Montag unzählige Menschen in der armenischen Hauptstadt Jerewan zum Völkermordmahnmal Zizernakaberd („Schwalbenfestung“) gepilgert, um der Opfer dieses ersten millionenfachen Massenmords des 20. Jahrhunderts zu gedenken. Unter ihnen befanden sich auch Mitglieder der kurdischen Gemeinde Armeniens. Sie legten Blumen und Kränze an der ewigen Flamme nieder und sprachen Gebete.

Bis zu eine Million Menschen kommen jedes Jahr am 24. April zur Gedenkstätte Zizernakaberd, die sich auf dem gleichnamigen Hügel im westlichen Teil Jerewans befindet, um das Gedächtnis an die Ermordeten hochzuhalten. Am 24. April 1915 hatten Einheiten der osmanischen Geheimpolizei in der damaligen Reichshauptstadt Konstantinopel (heute Istanbul) Hunderte armenische Intellektuelle verhaftet und nach Anatolien deportiert, wo die meisten den Tod fanden. Das war der symbolische und sichtbare Startschuss für den Völkermord an der armenischen Nation und für Massaker an weiteren christlichen Völkern syrischer und griechischer Tradition.

Die Schätzungen reichen bis zu 1,5 Millionen armenische Todesopfer sowie bis zu weiteren 500.000 Opfern unter Menschen anderer Konfessionen – Pontosgriechinnen und -griechen, assyrische, aramäische und chaldäische Suryoye, aber auch kurdische Ezidinnen und Eziden. Während die Schuld der jungtürkischen Regierung des damaligen Osmanischen Reichs historisch belegt ist, lehnt die Türkei als Nachfolgestaat bis heute eine Einstufung als Völkermord ab und spricht lediglich von Massenvertreibungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen, in deren Folge Hunderttausende „auf beiden Seiten“ gestorben seien.


Völkermord anerkennen, um Vergebung bitten, Wiedergutmachung leisten

„Der 24. April ist ein schwarzer Tag in der armenischen Geschichte. Als in Armenien Zuflucht gefundene Kurdinnen und Kurden stehen wir unseren armenischen Geschwistern und Nachbarn bei“, sagte der ezidische Geistliche Şêx Tahir. „Wir teilen den Schmerz der armenischen Nation. Mit ihrem Schicksal verbindet uns ein von Herzen kommendes Mitgefühl, das wir stets bekunden werden.“ Şêx Tahir betonte die Bedeutung dieses Tages der Erinnerung und bezeichnete es als „beschämend“, dass das armenische Volk bis heute für die Anerkennung der damaligen Geschehnisse als Genozid kämpfen müsse. Die Türkei müsse den Völkermord endlich anerkennen, um Vergebung bitten und Wiedergutmachung leisten, forderte er.