Tod in Polizeigewahrsam: Demonstration für Giórgos Zantiótis in Wuppertal

Am Morgen des 1. Novembers ist Giórgos Zantiótis in Wuppertaler Polizeigewahrsam zu Tode gekommen. Bis heute sind die Hintergründe ungeklärt. Eine Initiative fordert „Wahrheit und Gerechtigkeit” für den 24-Jährigen und ruft zum Protest in Wuppertal auf.

Am 1. November starb in Wuppertal der 24-jährige Giórgos Zantiótis, deutscher Staatsangehöriger mit griechischen und polnischen Eltern, durch die Folgen eines Polizeieinsatzes in Gewahrsam. Erst durch ein Video und eine Meldung, die auf dem Athener Ableger der linken Medienplattform „Indymedia“ verbreitet wurde, wird sein Tod in Polizeigewahrsam nach fünf Tagen öffentlich. Im Video ist zu sehen, wie Giórgos Zantiótis von zwei Polizisten auf die Straße gedrückt und gefesselt wird, während seine Schwester die Beamten anfleht, ihn loszulassen: „Er ist noch ein Kind!“, „Er hat das nicht gemacht“, „Bitte, das ist nicht richtig“. Die Polizisten fordern sie auf, die Kamera abzuschalten. Giórgos Zantiótis wird gefesselt und in eine Gewahrsamszelle im Landgericht gebracht. Während der gewaltsamen Blutabnahme durch einen Polizeiarzt verliert er das Bewusstsein und verstirbt.

Die Wuppertaler Polizei, die Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert sahen keinen Anlass, die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Der Journalist Sebastian Weiermann berichtete in der Zeitung Neues Deutschland von der Causa, nachdem „Perspektive Online“ den Fall über den Kurznachrichtendienst Twitter aufgegriffen hatte. Laut Staatsanwaltschaft sei bei der Obduktion der Leiche von Giórgos Zantiótis kein Zusammenhang eines etwaigen Fehlverhaltens der Polizei und dem plötzlichen Tod des jungen Erwachsenen ersichtlich geworden. Mit den weiteren Ermittlungen habe die Staatsanwaltschaft die Polizei Hagen beauftragt - aus „Neutralitätsgründen“. Die Schwester des 24-jährigen Opfers hat Strafanzeige gegen die beteiligten Polizisten gestellt. In einem Interview auf dem griechischen Nachrichtenportal „ellinofreneia“ stellt sie die Frage, ob der Tod nicht durch die gewaltsame Festnahme verursacht wurde, bei der ihr Bruder lange Zeit auf den Boden gedrückt wurde: „Wurde sein Bauch zerdrückt? Ist drinnen etwas gebrochen? Vielleicht wurde er verbal bedrängt und hatte einen Herzinfarkt“, so die Schwester im Interview. Giórgos Zantiótis hatte sich kurz vor seinem Tod einer schweren Magenoperation unterzogen.

Forderung nach Wahrheit und Gerechtigkeit auf die Straße tragen

Am Samstag, dem 13. November, plant die Initiative „Gerechtigkeit für Giórgos” eine Demonstration in Wuppertal-Elberfeld. „Mit der Demonstration möchten wir die Forderung von Giórgos’ Schwester nach Wahrheit und Gerechtigkeit auf die Straße tragen“, sagt Ricarda May von der Initiative. Giórgos Zantiótis ist der dritte Mensch, der in Wuppertal in den letzten zwei Jahren während einer sogenannten „Maßnahme“ der Polizei ums Leben kam.

Die Demonstration zieht zur Polizeiwache Hofkamp und von dort zum Landgericht, wo Giórgos Zantiótis nach einer gewaltsamen Blutentnahme im Gewahrsam starb. „Wir wollen die Wahrheit über die Geschehnisse am Morgen des 1. Novembers erfahren! Wieso wurde Giórgos verhaftet? Die Videoaufnahmen der brutalen Festnahme zeigen, dass seine Schwester, die ihn begleitete, schockiert von der Aktion der Polizei war. Wir fragen, wie kann es sein, dass ein 24-jähriger Mensch bei einer Blutabnahme stirbt und wie lange braucht eigentlich ein toxikologisches Gutachten? Oder hatte Giórgos vielleicht gar keine oder nicht genug Drogen genommen? Und woher nimmt die Westdeutsche Zeitung ihr scheinbar exklusives Wissen darüber, welche Drogen er angeblich konsumiert hat? Wer hat die gewaltsame Blutabnahme angeordnet, mit welcher Begründung?“, will Ricarda May wissen.

Desweiteren fordert die Initiative die Absetzung von Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert. Denn die Tatsache, dass erst nach fünf Tagen über den Tod von Giórgos Zantiótis berichtet wurde, gehe nach eigenen Aussagen auf sein Konto. „Das habe ich entschieden. Es handelte sich um eine natürliche Todesursache. Ich habe das nicht für berichtenswert gehalten“, wird Baumert zitiert. Für die Initiative „Gerechtigkeit für Giórgos” klingt das unfassbar: „Ein junger Mensch stirbt im Polizeigewahrsam und der Staatsanwalt hält es für nicht berichtenswert? Verhindert dadurch sogar, dass es im Polizeibericht oder den Medien erwähnt wird. Das kommt einem doch wie eine blanke Lüge vor. Es wirkt, als wisse Baumert genau, was die Wuppertaler Polizei hier zu verantworten hat – und als wolle er die Beamt:innen schützen und Reaktionen, sowie einen gesellschaftlichen Aufschrei verhindern.”

Die Demonstration beginnt am Samstagabend um 18 Uhr vor den City-Arcaden (Alte Freiheit) in Wuppertal-Elberfeld (ganz in der Nähe des HBF).