„System tötet Volk und Kinder“: Iranische Bildungsverbände rufen zu Streik auf

Wegen der gnadenlosen Tötung von zahlreichen Kindern durch die Sicherheitskräfte des Regimes hat der Koordinierungsrat der Lehrergewerkschaften in Iran und Ostkurdistan ab Sonntag zu einem zweitägigen Streik aufgerufen.

Wegen der „gnadenlosen Tötung“ von zahlreichen Kindern durch die Sicherheitskräfte des Regimes hat der Koordinierungsrat der Lehrergewerkschaften in Iran und Ostkurdistan ab Sonntag zu einem zweitägigen Streik aufgerufen. Die Lehrkräfte würden an den Schulen anwesend sein, aber nicht am Unterricht teilnehmen, schrieb der Koordinierungsrat im Onlinedienst Telegram. Mit ihrem Aufruf reagierten die Verbände auf das gewalttätige Vorgehen der Sicherheitskräfte auch gegen Minderjährige bei den seit Mitte September andauernden Protesten im Iran nach dem Tod von Jina Mahsa Amini.

Die 22-jährige Kurdin aus Seqiz (Saqqez) war am 16. September in Teheran gestorben, nachdem sie dort zuvor von der „Sittenpolizei“ wegen des Vorwurfs festgenommen worden war, gegen die Kleidungsordnung des Regimes verstoßen zu haben. In Gewahrsam wurde sie zu Tode geprügelt. Ihr Tod hatte die größten Proteste seit Jahren in dem Land ausgelöst. Angeführt wird die Revolte von jungen Frauen unter der kurdischen Losung „Jin, Jiyan, Azadî“.

„Schülern und Kindern gnadenlos das Leben genommen“

Die Lehrergewerkschaften Irans beschuldigen Militär, Sicherheitskräfte und Polizei, „gewalttätig gegen Schulen und Bildungszentren“ vorzugehen. „Während dieser systematischen Unterdrückung haben sie einer Reihe von Schülern und Kindern gnadenlos das Leben genommen“, so der Koordinierungsrat. Gestern wurde bekannt, dass in der nordwestlichen Stadt Ardabil eine 15-jährige Schülerin durch Schläge von Sicherheitskräften getötet wurde. Nach Angaben des Koordinierungsrates starb Asra Panahi am 13. Oktober, nachdem „Beamte in Zivil“ das Schahed-Gymnasium angegriffen hätten.

Weitere Schülerin im Koma

Die Schülerinnen in Ardabil seien zunächst zu einer „ideologischen Veranstaltung“ gebracht worden, erklärte der Koordinierungsrat der Lehrergewerkschaften. Einige von ihnen hätten dabei „Parolen gegen Diskriminierung und Ungleichheit“ skandiert. Die Jugendlichen seien „Gewalt und Beleidigungen durch Frauen in Zivil und verschleierte Frauen ausgesetzt“ gewesen. Nach ihrer Rückkehr in die Schule seien sie dann von Sicherheitskräften geschlagen worden. Asra Panahi sei danach im Krankenhaus gestorben, hieß es. Eine weitere Schülerin liegt den Angaben zufolge im Koma.

Protest, bis „das System aufhört, das Volk und die Kinder zu töten“

Vor diesem Hintergrund werde ab Sonntag zu dem zweitägigen Ausstand aufgerufen. Die iranische Führung solle wissen, dass Irans Bildungskräfte „diese Gräueltaten und Tyrannei nicht dulden“, schrieb der Koordinierungsrat und stellte sich hinter die landesweite Revolte gegen den herrschenden Klerus. Die Proteste würden so lange fortgesetzt, bis „das System aufhört, das Volk und die Kinder zu töten“. Das Regime wies die Vorwürfe zum Tod Panahis indes zurück. Die 15-Jährige sei nicht durch Schläge von Sicherheitskräften gestorben, das Mädchen habe vielmehr Suizid begangen.

Mindestens 32 Minderjährige getötet

Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen wurden bei den Protesten in Iran und Ostkurdistan bislang mindestens 240 Menschen von Sicherheitskräften getötet. Unter Unter den Toten seien auch mindestens 32 Minderjährige, berichtete die Organisation Human Rights Activists News Agency (HRANA) mit Sitz in den USA. Mehr als 12.000 Menschen seien zudem festgenommen worden. Andere oppositionelle Quellen sprechen von rund 400 Toten und etwa 20.000 Verhaftungen. Zuverlässige Informationen über die Festgenommenen liegen nicht vor, in vielen Fällen ist nicht bekannt, wohin sie gebracht wurden.