Bereits 240 Todesopfer bei Protesten in Iran

Bei den Protesten in Iran und Ostkurdistan nach dem Tod von Jina Mahsa Amini hat sich die Zahl der Todesopfer weiter erhöht. Mindestens 240 Demonstrierende wurden laut HRANA ermordet, fast 7.800 befinden sich in Haft.

Bei den Protesten in Iran und Ostkurdistan hat sich die Zahl der Todesopfer weiter erhöht. Wie das in den USA ansässige Nachrichtenportal HRANA, das über Menschenrechtsverletzungen in Iran berichtet, am Sonntag meldete, ist die Zahl der getöteten Demonstrierenden auf 240 gestiegen. Unter ihnen befinden sich laut der Monitoring-Agentur auch mindestens 32 Minderjährige, die von iranischen Sicherheitskräften getötet wurden. Menschenrechtsgruppen gingen zuletzt von 201 Opfern bei den Aufständen aus.

Die Proteste in Ostkurdistan und Iran hatten sich am Schicksal der 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini entzündet, die Mitte September von Sittenwächtern in Teheran festgenommen worden war und in Gewahrsam zu Tode geprügelt wurde. Seitdem haben Proteste das ganze Land erfasst – in einer Intensität, wie sie seit Jahrzehnten nicht erlebt wurden. An dem zunächst auf lokaler Ebene im kurdischen Teil des Landes ausgebrochenen Volksaufstand gegen den herrschenden Klerus und das System des islamistischen Regimes beteiligen sich inzwischen Menschen aus allen Ethnien und Gesellschaftsschickten.

Um die Revolte zu niederschlagen, geht das Regime äußerst brutal vor. Die Gewaltanwendung beinhaltet neben dem Einsatz von scharfer Munition, Schrotkugeln und anderer Metallgeschoße auch massive Schläge sowie geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt gegen Frauen. Auch kommt es weiterhin zu großangelegten Festnahmewellen und dem „Verschwindenlassen“ von Protestierenden, betroffen sind auch Minderjährige. Laut einer Bilanz von HRANA wurden seit Beginn der Proteste mindestens 7.792 Menschen in 111 Städten verhaftet, unter ihnen sind hunderte Studierende aus allen Teilen des Landes.

Die kurdische Menschenrechtsorganisation Hengaw wies am Sonntag darauf hin, dass sich die Berichte über schwere Folterungen und auch Vergewaltigungen durch iranische Sicherheitskräfte an Verhafteten in Rojhilat mehren. In vielen Fällen sei der Aufenthaltsort der Betroffenen unbekannt. In Kirmaşan (Kermanschah) seien zuletzt mehr als 250 Verhaftete, darunter ein elfjähriges Kind, in ein vom Geheimdienst der iranischen Revolutionsgarde (IRGC) betriebenes Internierungslager verlegt worden. In der Stadt Serwawa (Sarvabad) sollen fünf Schülerinnen im Alter von 17 Jahren bereits vor Tagen von der IRGC verschleppt worden sein. Hinweise zu ihrem Aufenthaltsort liegen laut Hengaw nicht vor.

In Rojhilat herrschen seit Tagen kriegsähnliche Zustände. Dort gab es die ersten Proteste gleich am Tag der Beerdigung von Jina Mahsa Amini, die gebürtig aus Seqiz (Saqqez) stammte. Der revolutionäre Widerstand dort ist eine Art Mikrokosmos der Volksrevolte, die nach und nach das ganze Land erfasste und das iranische Regime inzwischen die fünfte Woche in Folge erschüttert. Nach den Daten von Hengaw wurden in Rojhilat mindestens 36 Demonstrierende seit Beginn der Proteste getötet, mehr als 1.500 verletzt und etwa 2.500 verhaftet.