Straßenblockade für Rojava in Chemnitz

Mit einer kreativen Blockadeaktion aus Transparenten und kleinen Panzersperren aus Holz hat die Chemnitzer Ortsgruppe von #RiseUp4Rojava darauf aufmerksam gemacht, dass die Fronten nicht nur entlang der militärisch umkämpften Grenzen Rojavas verlaufen.

Es sei leicht zu übersehen, dass die Fronten nicht nur entlang der militärisch umkämpften Grenzen Rojavas verlaufen, sondern auch direkt in Deutschland. Durch eine kreativ gestaltete Blockadeaktion aus Transparenten und acht kleinen Panzersperren aus Holz auf der „Straße der Nationen“ in Chemnitz hat die Ortsgruppe der Kampagne #RiseUp4Rojava diese Tatsache am Nachmittag des 11. Juni in Chemnitz für alle sichtbar und im Alltag der Menschen spürbar gemacht.

„Am deutlichsten tritt eine Beteiligung Deutschlands an dem völkerrechtswidrigen Einmarsch in Rojava durch seine Rüstungsexporte in die Türkei zu Tage”, erklären die beteiligten Aktivist*innen. Alleine in den ersten vier Monaten 2019 wurde der Export von Kriegswaffen im Wert von 184,1 Millionen Euro genehmigt und damit dieser von der zweitgrößten NATO-Armee Türkei nach Rojava getragene Krieg befeuert. „Exakt diese Waffen, zum Beispiel Leopard-2-Panzer, werden auch gegen die kurdische Bevölkerung und vor allem gegen Zivilist*innen eingesetzt. Dabei verübt nicht nur die türkische Armee ein Massaker an unseren kurdischen Freund*innen, sondern rüstet vor allem auch verbündete dschihadistische Milizen aus.”

Auch das „Herunterbeten von moralischen Phrasen” und ein angeblicher Stopp der Rüstungsexporte änderten hieran nichts. Nicht nur gehe das Liefern von Waffen „mit marginalen Einschränkungen” ungehindert weiter, spätestens nach dem Überfall auf Efrîn 2018 sei ein Auftreten der Türkei als Aggressorin in der Region und ihre wahre Haltung zu Menschenrechten unübersehbar. „Würden die tiefen Entrüstungen der Politiker*innen hierzulande ihren tatsächlichen Werten entsprechen, hätte es spätestens hier Konsequenzen für das Erdogan-Regime geben müssen. Dabei spielt sicher auch die Erpressbarkeit der EU durch den sogenannten Flüchtlingsdeal eine Rolle und verhindert eine deutliche Distanzierung mit spürbaren Folgen für die Türkei”, konstatiert #RiseUp4Rojava Chemnitz.

Straße der Nationen, Chemnitz | Foto: #RiseUp4Rojava

„Aber nicht nur entlang politischer Machtinteressen verlaufen in Deutschland die Fronten, sondern auch in der Bevölkerung und im privaten Leben der Menschen, insbesondere unserer kurdischen Genoss*innen. So durch die Einflussnahme des türkischen Geheimdienst (MIT) mit seinen zahlreichen Mitarbeiter*innen und über 6000 Informant*innen, der seine Kontakte zu losen und organisierten nationalistischen Türken nutzt, um Druck auf die kurdische Community auszuüben. Dazu propagieren von der Türkei ausgebildete Imame ganz offen in fast 900 DITIB-Gemeinden die Positionen der AKP. So treiben sie die Radikalisierung in Richtung türkischen Nationalismus voran. Was in gewaltsamen Übergriffen mündet, wie in Angriffen auf prokurdische Demonstrationen.”

Kriminalisierung kurdischer Kultur in Deutschland

Auf der einen Seite werde die kurdische Community durch den in Deutschland fortgesetzten türkischen Nationalismus bedroht und damit meist allein gelassen, auf der anderen Seite gingen auch die Repressionsorgane der Bundesregierung massiv gegen jede Agitation im Sinne des kurdischen Freiheitskampfes vor. Beginnend beim Verbot der kurdischen Arbeiterpartei PKK ende dieses „perfide Vorgehen” mit der Kriminalisierung von kurdischer Kultur, wie beim Verbot des Mezopotamien-Verlags und gipfele im Verbot des Abbild Öcalans im öffentlichen Raum. „Doch die Folgen dieses Konfliktes werden wir alle zu spüren bekommen. Die kurdischen Kämpfer*innen waren die effektivsten Akteur*innen im Kampf gegen den sogenannten ‚Islamischen Staat’. Sie sind nun gezwungen, ihre Kräfte vom Kampf gegen die Terrormiliz abzuwenden. Die kurdische Freiheitsbewegung hielt mehrere Tausend Dschihadist*innen gefangen, von denen etliche durch die Angriffe der Türkei freikamen und zum Teil von dieser wieder mit Waffen ausgerüstet werden. Zudem sieht der Plan Erdogans vor, eben diese Terrorist*innen in der Region zu stärken, indem er sie wie in Efrîn ansiedelt. Beides wird langfristig zu einem Erstarken des IS führen, welches auch in Europa weitere Anschläge zur Folge haben wird.”

Auch wenn er fast 3.000 Kilometer entfernt stattfindet, sei man an diesem Krieg direkt oder indirekt beteiligt, heißt es weiter. „Der Konflikt zwischen dem faschistischen türkischen Regime und der emanzipatorischen kurdischen Freiheitsbewegung wird auch in Deutschland ausgetragen. Die auch hier bestehenden Fronten lösen sich nicht durch ein kollektives Ignorieren und Wegschauen auf. Im Gegenteil - eine solche Haltung ist eine Positionierung zugunsten des Ist-Zustandes und damit für das (Handeln des) Erdogan-Regime, für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg und gegen die einzige Demokratie in der Region.”

Die Chemnitzer Aktivist*innen von #RiseUp4Rojava fordern daher: „Eine deutliche Solidarisierung mit den kurdischen Freiheitskämpfer*innen auf der ganzen Welt, spürbare Konsequenzen für die Türkei und das AKP-Regime mit seinen Anhänger*innen, auch in Deutschland und die Entkriminalisierung der kurdischen Bewegung. Weg mit dem Verbot der PKK!

Besonders solidarisieren wir uns auch mit den CDU-Besetzer*innen. Und mit denen, die in Leipzig von willkürlichen Repressionen durch den Staat betroffen waren. Wir lassen uns nicht einschüchtern!”