Eine Gruppe kurdischer Erntehelfer*innen aus Şemrex (türk. Mazıdağı) bei Mêrdîn (Mardin) ist in der westtürkischen Provinz Sakarya von einem rassistischen Mob attackiert worden. Mehrere Personen, darunter auch Frauen, wurden verletzt. Die aus 16 Saisonkräften bestehende Gruppe hat Sarkaya inzwischen verlassen und befindet sich wieder auf dem Weg an ihren Wohnort.
Wie Barış Demir, einer der Betroffenen, gegenüber der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) äußerte, habe der Angriff völlig grundlos stattgefunden. „Am Morgen sind wir in den Garten mit Haselnusssträuchern gegangen, um zu arbeiten. Der Landwirt kam und beschimpfte uns als ‚Hunderudel‘. Daraufhin haben wir den Garten verlassen.“
Die verbalen Attacken hätten sich auch außerhalb des Grundstücks fortgesetzt, führt Demir weiter aus. „Es sei ihre Heimat hier, sagte der Landwirt. Wir sollten uns nicht einbilden, dass es unser Land wäre, drohte er uns.“ Insgesamt acht Angreifer hätten die Erntehelfer*innen angegriffen. Die Gruppe hat die Stadt verlassen, ohne bei der Polizei vorstellig zu werden.
Rassistische Angriffe gegen Kurden keine Seltenheit
Zu rassistischen Lynchangriffen auf Kurdinnen und Kurden kommt es in der Türkei häufig. Ende Mai wurde in Ankara ein 20-jähriger Kurde auf offener Straße erstochen, weil er kurdische Musik hörte. Vergangenen Herbst ist im westtürkischen Çanakkale ein zum damaligen Zeitpunkt 74-jähriger Rentner in einem Krankenhaus von einem Rassisten angegriffen worden, weil er mit seiner Partnerin kurdisch gesprochen hatte. In Istanbul war es ungefähr zur selben Zeit an einem Busbahnhof zu einem schweren rassistischen Polizeiübergriff auf einen Busfahrer mit kurdischer Herkunft gekommen. Das Trommelfell des Mannes war aufgrund des Angriffs geplatzt. Der 19-jährige Saisonarbeiter Şirin Tosun wurde im August 2019 in Adapazari bei Sakarya von einer sechsköpfigen Gruppe gelyncht und anschließend erschossen, weil er Kurdisch gesprochen hatte. Einen Monat zuvor wurde eine Touristengruppe aus Südkurdistan beim Besuch der Stadt Trabzon an der Schwarzmeerküste von einem rassistischen Mob angegriffen. Neun der Opfer wurden anschließend festgenommen. Ende 2018 wurde in Sakarya ein Kurde erschossen, weil er auf die Frage, ob er Kurde ist, mit „ja“ antwortete. Der Angreifer erklärte zu seiner Verteidigung, er sei betrunken gewesen und könne sich an nichts erinnern.
Syrer leben ebenfalls gefährlich
Auch syrische Flüchtlinge leben in der Türkei gefährlich. Vor zweieinhalb Wochen wurde ein 21-jähriger Syrer in Istanbul an einer Haltestelle erschossen. „Verpisst euch zurück nach Syrien“, habe der Täter geschrien, bevor er den Syrer mit zwei Schüssen niederstreckte, sagten Zeugen. Im April wurde ein 19-jähriger syrischer Flüchtling in Adana von einem Polizisten erschossen.