In Wien kommt es seit Tagen zu massiven Angriffen türkischer Nationalisten auf Feministinnen und linke Strukturen. Ausgangspunkt der Auseinandersetzungen war eine Protestaktionen feministischer Organisationen am vergangenen Mittwoch, die gegen Femizide auf die Straße gingen. An der Protestaktion waren sowohl die kurdische Frauenbewegung als auch feministische türkische und österreichische Gruppen beteiligt. Die Kundgebung wurde von mehreren Dutzend türkischen Faschisten, auch als Graue Wölfe bekannt, attackiert, die sich, wie Rechte und Sexisten in der ganzen Welt, von den Protesten angegriffen fühlen, weil ihre männliche Vorherrschaft immer stärker ins Wanken gerät.
Gegen den Angriff gab es antifaschistischen Protest, in dessen Folge am Donnerstag rund 250 türkische Faschisten das linke Zentrum EKH angriffen. Nur durch Glück wurde niemand schwer verletzt, die Faschisten nahmen den Tod von Menschen in Kauf, sie warfen Brandsätze und versuchten in das Gebäude einzudringen. Wir solidarisieren uns mit den Antifaschist*innen in Wien und wünschen ihnen viel Kraft in ihrem Kampf. Wir sind mehr! Wir stehen in diesen Tagen umso geschlossener gegen den Hass der Rechten, egal ob er von europäischen Regierungen ausgeht, von rechten Mobs, die Flüchtlingsheime anzünden oder von türkischen Nationalisten wie den Grauen Wölfen.
Was wir im Zusammenhang mit den Angriffen der Grauen Wölfe in Wien verstehen müssen ist, dass sie in einen direkten Zusammenhang mit dem Krieg des türkischen Staates gegen die kurdische Freiheitsbewegung, die Frauenbewegung und die demokratische Opposition in der Türkei stehen: Die türkischen Nationalisten, die in Wien die Frauendemo und das EKH angegriffen haben, sind die Vorhut des türkischen Faschismus in Europa. Wir wissen, dass der türkische Geheimdienst und der türkische Staatsapparat auch in Europa aktiv ist, um gegen seine Feinde vorzugehen. Wer dafür nach einem Beweis sucht, der braucht als Beispiel nur die drei kurdischen Genossinnen Sara (Sakine Cansız), Rojbîn (Fidan Doğan) und Ronahî (Leyla Şaylemez) heranzuziehen, die vor einigen Jahren in einem kurdischen Zentrum in Paris vom türkischen Geheimdienst ermordet worden sind.
Die Angriffe in Wien gehen nicht vordergründig von ein paar verwirrten türkischen Jugendlichen aus, sie sind Teil des türkischen Staatsterrors gegen die Frauenbewegung, gegen Kurd*innen und alle, die sich mit ihnen solidarisch zeigen. Und auch der Zeitpunkt der Angriffe in Wien ist kein Zufall. Denn das Erdogan-Regime verschärft in diesen Tagen den Krieg gegen die kurdische Freiheitsbewegung: Der faschistische türkische Staat bombardiert Stellungen der kurdischen Arbeiterpartei PKK in den Bergen Südkurdistans, er bombardiert die Jesid*innen im Shengal, er bombardiert kurdische Flüchtlingscamps wie Mexmur und greift auch immer wieder die befreiten Gebiete Nordsyriens an. Erst vor wenigen Tagen wurden drei Genossinnen der kurdischen Frauenbewegung Kongra Star in Nordsyrien von türkischen Drohnen getötet. Diese feigen Morde zeigen den Hass des türkischen Staates auf die Frauenbefreiung, den Hass auf alle Elemente, die nicht in das ethnonationalistische Konzept des türkischen Staates passen. Und den Hass auf den Fortschritt, auf die Revolution und die Freiheit.
Die Angreifer von Wien teilen diesen Hass. Sie mögen sich wie Rebellen vorkommen, weil sie um sich schlagen und mit Brandsätzen werfen. Aber sie sind keine Rebellen, sondern das Gegenteil: Für die Herrschenden sind sie nur Kanonenfutter. So wie alle Nationalisten und Faschisten sind sie für die Führer des Hasses und des Rückschritts nur eine Manövriermasse. Anstatt ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen, ordnen sie sich dem Imperialismus unter. Anstatt Solidarität zu leben, spalten sie unsere Klasse. Sie verstehen nicht, dass sie niemals mit den Herrschern in den Palästen der Macht auf einer Augenhöhe stehen werden. Sie verstehen nicht, dass sie mit dem kurdischen Kollegen viel mehr eint, als sie denken. Aber gerade weil ihr nationalistischer Wahn so irrational ist, ist er so gefährlich.
Es war zu erwarten, dass österreichische Rechte und Faschisten versuchen werden, die Auseinandersetzungen zwischen türkischen Faschisten und Linken für ihre rassistische Hetze gegen Migrant*innen zu nutzen. Sie wollen die Spaltung weiter vorantreiben und merken dabei noch nicht einmal, dass die Grauen Wölfe ihre Brüder im Geiste sind. Ihnen, die eine homogene Gesellschaft wollen, die gegen Vielfalt sind, sei gesagt: Geht zu Erdogan, er ist euch ähnlicher als ihr denkt – es ist kein Zufall, dass der ungarische Faschist Viktor Orban die Beziehungen zum türkischen Staat ausbaut und davon redet, dass Türken und Ungarn Brüder seien. Anstatt „Abschiebung!“ zu schreien, geht selbst in die Türkei, dort werden eure Träume der Führernation und des Nationalismus schon seit vielen Jahren mit kriegerischen Mitteln durchgesetzt.
Unsere Antwort auf die Angriffe der Faschisten, egal ob die der Grauen Wölfe, der FPÖ oder der AfD ist Gegenwehr und Solidarität. Wir lassen uns nicht spalten in Kurd*innen, Türk*innen, Österreicher*innen, Christen, Muslime oder Atheist*innen. Wenn wir nach Rojava/Nordsyrien blicken, sehen wir, dass es möglich ist, dass Bevölkerungsgruppen, die jahrzehntelang gegeneinander aufgehetzt wurden, in Frieden zusammenleben können. Wir sehen, dass es auch ohne nationalistische Herrscher geht. Wir sehen, dass die Frauenbefreiung sich gegen die verkrusteten patriarchalen Strukturen in der Gesellschaft durchsetzen kann.
Was uns Antifaschist*innen eint, ist nicht nur die Ablehnung des Faschismus, sondern auch das tiefe Vertrauen, dass Menschen sich solidarisch zusammentun und in Frieden miteinander leben können. Dieses Vertrauen verbindet Menschen weltweit und über alle Kontinente. Es ist dieses Vertrauen in den Fortschritt und die Zukunft der Menschheit, das uns die Kraft gibt, weiter zu kämpfen!
Der Faschismus wird zerschlagen werden, die Solidarität wird siegen! Widerstand ist Leben!