Rechtsbüro Asrin kritisiert europäisches Antifolterkomitee

Das Rechtsbüro Asrin kritisiert, dass das Antifolterkomitee des Europarates bei seinem Türkei-Besuch das Inselgefängnis Imrali nicht inspiziert hat. Seit April 2020 gibt es kein Lebenszeichen von Abdullah Öcalan und seinen drei Mitgefangenen.

Das Rechtsbüro Asrin hat eine Stellungnahme zum Türkei-Besuch des europäischen Antifolterkomitees CPT abgegeben. Die Kanzlei, die Abdullah Öcalan und die anderen drei Gefangenen auf Imrali vertritt, kritisiert, dass kein Besuch auf der Gefängnisinsel durchgeführt wurde und sie selbst nicht konsultiert worden ist.

Die Erklärung des Rechtsbüros lautet folgendermaßen:

„Dass das CPT sich zwischen dem 11. und 25. Januar zu verschiedenen Besuchen in der Türkei aufgehalten hat, haben wir durch die Erklärungen des CPT und des Justizministeriums aus den Medien erfahren. Wie das CPT mitteilt, sind mehrere dem Innenministerium unterstellte Arrestzentren und einige dem Justizministerium unterstellte Gefängnisse besucht worden. Das CPT hat außerdem erklärt, auch bestimmte Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung früherer Empfehlungen des CPT zur Situation der Gefangenen auf Imralı angesprochen zu haben.

Wir möchten dazu zunächst festhalten, dass wir den CPT-Besuch hinsichtlich der Institutionalisierung der Menschenrechte und der Verhinderung von Folter als wichtig erachten. Das gilt für alle stattgefundenen Besuche und Gespräche. In diesem Zusammenhang möchten wir jedoch auch an die Entwicklungen nach dem Bericht vom 5. August 2020 über den letzten Besuch des CPT vom 6. bis 17. Mai 2019 erinnern. Diese Entwicklungen haben wir dem CPT bereits mitgeteilt.

Das CPT hat in seinem Bericht vom 5. August 2020 zusammengefasst festgestellt, dass die Isolation auf Imrali eine ,Bestrafung innerhalb der Bestrafung' bedeutet und inakzeptabel und besorgniserregend ist. Die Regierung der Türkei wurde aufgefordert, diesen Zustand zu beenden. Diese hat in der Praxis folgendermaßen darauf reagiert: Anstatt die zu diesen Empfehlungen passenden Veränderungen und Verbesserungen herbeizuführen, ist am 7. September das Recht auf telefonischen Kontakt, am 23. September das Recht auf Anwaltsgespräche und am 30. September das Recht auf Kontakt mit Angehörigen und rechtlich Bevollmächtigten verboten worden. Es ist also die Kommunikation ist absoluter Form unterbunden und die Isolation auf Imrali noch mehr vertieft worden.

Im Zuge dieser Entwicklungen haben wir das CPT informiert und zusätzlich zu unseren Anträgen im innertürkischen Recht beim Justizministerium, der Abteilung für Menschenrechte und der Direktion für den Strafvollzug beantragt, die Empfehlungen des CPT-Berichts umzusetzen. Es hat jedoch keine entsprechende Entwicklung stattgefunden und wir haben noch keine Antwort erhalten. Es gibt kein zweites Gefängnis, für das das CPT als internationaler Menschenrechtsmechanismus innerhalb der Mitgliedsstaaten des Europarates hinsichtlich von Folter und Isolation als kontinuierliches und stabiles System zuständig ist. Dass es sich um ein Foltersystem handelt, ist auch im EGMR-Urteil von 2014 eindeutig festgehalten. Dieser Zustand ist gleichzeitig auch bei den acht Besuchen des CPT auf Imrali seit 1999 festgestellt worden.
Aus diesen Gründen betrachten wir es als unzureichend, dass das CPT bei seinem Türkei-Besuch im Jahr 2021 zwar auf die Folter im Gefängnis Imrali eingegangen ist, aber das Gefängnis nicht besucht und auch den Rechtsbeistand nicht nach seiner Meinung gefragt hat. Das CPT weiß selbst, dass seit dem Besuch von Familienangehörigen am 3. März 2020 kein weiterer Besuch auf Imrali stattgefunden hat und wir seit dem Telefonkontakt vom 27. April 2020 überhaupt keine weiteren Nachrichten erhalten haben. Mit den Verbotsverfügungen ist die Isolation verschärft worden.

Wir möchten außerdem daran erinnern, dass dieses und ähnliches Vorgehen internationaler Einrichtungen dazu beiträgt, dass das Isolations- und Foltersystem auf Imrali dauerhaft fortgesetzt wird.

Imrali ist ein Gefängnis, das nicht nur der Verantwortung der Türkei unterliegt, sondern aufgrund von Abkommen aller Mitgliedsstaaten des Europarates. In diesem Gefängnis werden Rechtsstandards vollständig ignoriert. Die rechtswidrige und willkürliche Behandlung im Gefängnis Imrali muss unverzüglich beendet werden. Aus Anlass dieser jüngsten Entwicklung laden wir die Zuständigen ein weiteres Mal zur Einhaltung des Rechts und die Öffentlichkeit zur Aufmerksamkeit ein.“