170 Polizist:innen brachen am Mittwoch das Café Karanfil in Berlin-Neukölln und das Interbüro in Wedding auf und verwüsteten die Inneneinrichtungen. Im Café Karanfil wurden Musikinstrumente zerstört und Einrichtungsgegenstände beschädigt. Es wurden Datenträger und Computer beschlagnahmt. Durchsucht wurden in diesem Zusammenhang auch sechs Wohnungen in Berlin. In einer Pressemitteilung der Berliner Polizei heißt es zur Begründung: „Die insgesamt sechs Beschuldigten, fünf davon (vier Frauen und ein Mann im Alter zwischen 18 und 23 Jahren) mutmaßlich der Gruppe ‚Zora‘ angehörend, stehen im Verdacht, Propaganda für die als terroristisch eingestufte Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) betrieben zu haben.“
Vorwand für die Razzien soll ein mittlerweile gelöschter Social Media Post der Frauenorganisation ZORA gewesen sein, in dem die Hamas verurteilt und zur Solidarität mit der PFLP aufgerufen wurde. In dem Beitrag habe es geheißen: „Keine Befreiung der Frau ohne die Befreiung Palästinas.“ Dabei sei es wichtig, „fortschrittliche Kräfte wie zum Beispiel die PFLP, die auch Teil des palästinensischen Widerstands sind, zu stärken“. Auch weil man wisse, „dass die Hamas kein Interesse daran hat, das Patriarchat zu zerschlagen“. Diese Aussage wurde von den Berliner Behörden als Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen interpretiert und zum Anlass für die Razzien genommen.
Hussein Jebabli vom InterBüro erklärt angesichts der Razzien: „Wir solidarisieren uns mit allen Betroffenen von politischer Verfolgung, die sich für Frieden im Nahen Osten einsetzen und bestehen auf das demokratische Recht auf freie Meinungsäußerung. Offensichtlich werden gezielt Orte migrantischer Selbstorganisierung kriminalisiert. Damit sollen die kritischen Stimmen gegenüber der Bundesregierung zum Schweigen gebracht werden, welche die aktive Unterstützung der israelischen Kriegspolitik anprangern. Wir stehen in voller Solidarität an der Seite unserer Genossinnen und verurteilen diesen Angriff auf unsere demokratischen Rechte.”
Ferat Kocak, Mitglied der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, erklärte: „Heute gab es im Neuköllner safe space Café Karanfil für linke migrantische Menschen eine Razzia. Karanfil ist vor allem ein Ort der kurdischen linken Diaspora, die sich gegen IS in Nordsyrien, gegen die rechte Regierung in der Türkei zur Wehr setzt und im Iran die Revolution gegen das Mullah-Regime unterstützt. Karanfil ist auch ein Ort für viele geflüchtete Menschen und arbeitet eng mit Refugee-Bewegungen zusammen. Die rassistische Repression gegen linke migrantische Räume unter dem Vorwand der Bekämpfung von Antisemitismus geht weiter. Solidarität mit Café Karanfil.“
Titelbild: Verwüstete Räumlichkeit im Interbüro