Prozesstermine in 129b-Verfahren wegen PKK-Mitgliedschaft

In Deutschland laufen derzeit zwei Prozesse wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft, beide Verfahren werden vor dem OLG Hamburg verhandelt. AZADÎ e.V. hat über die Verhandlungstermine im September und den Hintergrund informiert.

Verhandlungstermine im September 2024

Der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. hat in einer Mitteilung auf laufende Prozesse wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129b StGB aufmerksam gemacht. In Deutschland laufen derzeit zwei Prozesse wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft, beide Verfahren werden vor dem Oberlandesgericht Hamburg verhandelt. Ein weiterer 129-Prozess findet in Düsseldorf wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der DHKP-C statt. „Die Angeklagten wünschen sich jeweils ausdrücklich solidarische Prozessbegleitung und kritische Berichterstattung über die laufenden Prozesse“, teilte AZADÎ mit.

Im September sind demnach folgende Prozesstermine angesetzt, die Termine können laut AZADÎ jedoch auch kurzfristig geändert werden:

Kenan Ayaz (offiziell Ayas), OLG Hamburg

Die im November 2023 eröffnete Hauptverhandlung gegen Kenan Ayaz neigt sich dem Ende zu. An den letzten Prozesstagen hat er sein Schlusswort vorgetragen, womit er bisher jedoch nicht abgeschlossen hat. Es ist damit zu rechnen, dass er bei der nächsten Verhandlung am Montag seinen Beitrag beendet und direkt im Anschluss das Urteil gesprochen wird. Weitere bereits anberaumte Termine würden dann entfallen. Die Bundesanwaltschaft, die die Anklage vertritt, hat auf eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren plädiert, die Verteidigung fordert Freispruch.

Montag, 2. September 2024
Freitag, 6. September 2024
Montag, 23. September 2024

Die Verhandlungen finden jeweils um 9.30 Uhr im Saal 237 des OLG Hamburg am Sievekingplatz 3 in 20355 Hamburg statt. Das Solibündnis #FreeKenan hat für Montag um 8.30 Uhr eine Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude angekündigt.

Kadri Saka, OLG Hamburg

Montag, 16. September 2024
Montag, 23. September 2024
Dienstag, 24. September 2024
Donnerstag, 26. September 2024
Montag, 30. September 2024

Die Verhandlungen findet jeweils um 10.30 Uhr im Saal 288 des OLG Hamburg am Sievekingplatz 3 in 20355 Hamburg statt.

Özgül Emre, Ihsan Çibelik und Serkan Küpeli, OLG Düsseldorf

Donnerstag, 12. September 2024
Donnerstag, 26. September 2024

Die Verhandlungen wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der DHKP-C finden um 9.30 Uhr am OLG Düsseldorf im Kapellweg 36 in 40221 Düsseldorf statt.

13 Kurden wegen PKK-Verfahren im Gefängnis

In Deutschland befinden sich derzeit 13 Kurden nach §129b StGB in Untersuchungs- oder Strafhaft im Gefängnis. Der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. teilte dazu mit:

Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen, denen Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen wurde, begann bereits Ende der 1980er Jahre – entweder nach §129a StGB (Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung) oder ab Mitte der 1990er Jahre nach §129 StGB (Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die PKK als eine „terroristische Vereinigung im Ausland“ gem. §§129a, 129b StGB einzustufen. Hunderte politisch aktive Kurd:innen sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.

In den meisten §129b StGB-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten der Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung und vermeintliche Mitgliedschaft in einer Organisation. Grundlage ist die nach §129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen. Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. In den §129b StGB-Prozessen beantragen die Verteidiger:innen die Rücknahme der Verfolgungsermächtigung, was auch während laufender Verfahren möglich wäre, aber durchgängig abgelehnt wird. Die Besonderheit besteht auch darin, dass die vom BMJV erteilten Ermächtigungen weder begründet werden müssen noch rechtlich angegriffen werden können. Jederzeit können auch Einzelermächtigungen erteilt werden, so stehen inzwischen neben der Führungsebene auch „einfache“ Mitglieder vor Gericht.

Von durch Urteil entschiedenen bzw. zur Anklage gebrachten §129b StGB-Verfahren wegen Mitgliedschaft in der PKK betroffen sind nach derzeitigem Stand und unserer Kenntnis 69 Aktivist:innen; 13 Kurden befinden sich aktuell wegen dieses Vorwurfs in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. Untersuchungshaft.