Prozess gegen Öcalan-Anwälte in Istanbul

In Istanbul stehen acht Rechtsanwälte von Abdullah Öcalan wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft vor Gericht. Die Angeklagten werten den Prozess als Initiative, eine Lösung der kurdischen Frage über einen Dialog unmöglich zu machen.

In Istanbul hat am Dienstag der Prozess gegen acht aktive und ehemalige Rechtsanwälte aus dem Verteidigerteam von Abdullah Öcalan begonnen. Rezan Sarıca, Ali Maden, Baran Doğan, Cengiz Yürekli, İnan Akmeşe, Mahmut Taşçı, Suat Eren und Mehmet Selim Okçuoğlu werden der Mitgliedschaft in der PKK beschuldigt. Die Verhandlung vor der 33. Strafkammer in Çağlayan wurde von zahlreichen Kolleg:innen der Angeklagten beobachtet.

Verteidiger Ercan Kanar stellte gleich zu Beginn der Verhandlung klar, dass das Verfahren keine Rechtsgrundlage hat, weil seine Mandanten lediglich ihren Beruf ausgeübt haben. Rechtsanwalt Ibrahim Bilmez wies darauf hin, dass alle Gespräche mit Abdullah Öcalan unter staatlicher Aufsicht stattgefunden haben und keine Straftat darstellen.

Der Prozess ist eine Farce“

Cengiz Yürekli protestierte dagegen, dass die Angeklagten in der Prozessakte als „angebliche Rechtsanwälte“ bezeichnet werden. Das Verfahren sei eine Farce, er selbst habe nie mit seinem Mandanten Öcalan sprechen können. „Das ist es, worüber eigentlich diskutiert werden müsste“, erklärte Yürekli vor Gericht.

Verteidiger Özgür Erol bewertete das gesamte Verfahren als Versuch, alle Beteiligten an einer Lösung der kurdischen Frage über einen Dialog zu eliminieren. „Niemand soll es wagen, so etwas noch einmal zu versuchen“, sagte der Rechtsanwalt.

In dem vor zehn Jahren eingeleiteten Ermittlungsverfahren geht es unter anderem um Gespräche zwischen Abdullah Öcalan und seinem Rechtsbeistand in den Jahren 2006 und 2007. Den Angeklagten wird vorgeworfen, Äußerungen ihres Mandanten weitergegeben zu haben. Dafür drohen ihnen Freiheitsstrafen bis zu 15 Jahren. Die damaligen Ermittler sind inzwischen als mutmaßliche FETÖ-Anhänger selbst im Gefängnis. Der Prozess wurde am ersten Verhandlungstag auf den 16. Dezember vertagt.

Letzter Anwaltskontakt vor zwei Jahren

Abdullah Öcalan ist 1999 von internationalen Kräften in Kenia entführt und an die Türkei ausgeliefert worden. Seitdem wird er im Hochsicherheitsgefängnis Imrali in Isolationshaft festgehalten. Bei einem Gespräch mit seinem Rechtsbeistand hatte er am 27. Juli 2011 mit Blick auf die von Seiten der türkischen Regierung verweigerte Lösung der kurdischen Frage erklärt, das Ende seiner Handlungsfähigkeit sei erreicht. Die türkischen Behörden reagierten darauf, indem Öcalans Anwälten keine Besuche mehr gestattet wurden. Erst im Mai 2019 – nach knapp achtjähriger Verweigerung – wurden persönliche Kontakte der Anwälte zu ihrem Mandanten wieder ermöglicht; erkämpft von einer von Leyla Güven angeführten Hungerstreikbewegung politischer Gefangener. Seit dem letzten Anwaltsbesuch bei Öcalan am 7. August 2019 haben die türkischen Behörden auf keinen der kontinuierlich gestellten Besuchsanträge reagiert. Neben Öcalan sitzen auf der Gefängnisinsel Imrali auch Hamili Yıldırım, Ömer Hayri Konar und Veysi Aktaş isoliert von der Öffentlichkeit in politischer Geiselhaft.