Protestaktion vor VW-Werk in Braunschweig

Die Entscheidung über ein neues VW-Werk in der Türkei wird von der Konzernleitung ein ums andere Mal aufgeschoben. Aktivist*innen protestieren vor dem VW-Werk in Braunschweig und fordern „Keine Geschäfte mit dem türkischen Faschismus”.

Am Mittwochnachmittag um 17 Uhr fand eine Protestaktion vor dem VW-Werk in Braunschweig statt. Der Automobilkonzern Volkswagen verschiebt die Entscheidung über ein VW-Werk in der Türkei ein ums andere Mal. Frühestens im ersten Quartal 2020 soll die Entscheidung getroffen werden. Die Aktion fand im Rahmen der Kampagne #RiseUp4Rojava statt und richtete sich gegen die völkerrechtswidrige Invasion des Nato-Partners Türkei und seiner dschihadistischen Hilfstruppen in Nord- und Ostsyrien.

Die Aktivist*innen hielten Transparente mit der Aufschrift „Keine Deals mit der Türkei – Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung“ und „Krieg beginnt hier - Widerstand auch“ . Es wurden Flugblätter verteilt und eine Erklärung verlesen.

In der Erklärung mit dem Titel „Keine Geschäfte mit dem türkischen Faschismus – Solidarität mit der kurdischen Befreiungsbewegung in Nordsyrien-Rojava!” heißt es:

Die Entscheidung über ein neues VW-Werk in der Türkei wird von der Konzernleitung ein ums andere Mal aufgeschoben. Der Gesamtbetriebsrat tat in der Öffentlichkeit bisher so, als würde er die Errichtung dieses Werks konsequent ablehnen. Nachdem die Konzernleitung es noch im Herbst 2019 so darstellen ließ, als würde man von dem geplanten Werk abrücken, scheint es nun so, als dass man lediglich auf eine Gelegenheit warte, um das Werk doch noch zu bauen. Nun soll „frühestens“ im ersten Quartal 2020 endgültig hierüber entschieden werden, wie es aus Konzernkreisen heißt und die Branchenzeitung „Automobilwoche“ im Dezember 2019 berichtete.

Sollte die Entscheidung für das in der Nähe von Izmir geplante Werk negativ ausfallen, so würde man ein bereits bestehendes Werk erweitern. Die Hintertür hält sich VW also in jedem Fall offen. Wenn VW den Eindruck erweckt, von Geschäften mit dem türkischen Faschismus oder gar mit autoritären Regimen generell abrücken zu wollen, so kann man dies getrost als Täuschungsmanöver abtun.

Die Aufmerksamkeit durch Medien und eine kritische Öffentlichkeit für die Kriegspolitik des AKP-MHP-Regimes in der Türkei gegen die demokratischen Gesellschaftsstrukturen in Nordsyrien und die damit einhergehenden Verbrechen der zweitgrößten NATO-Armee führten auch zur Hinterfragung von Geschäftsverbindungen deutscher Firmen mit dem Regime. Neben dem Export von Kriegstechnik an den NATO-Partner Türkei durch Firmen wie Rheinmetall oder der Thematisierung des für die Türkei wichtigen Tourismussektors, wurden auch die Pläne von VW für ein neues Werk einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Diese Pläne ernten bis heute Widerspruch durch eine kritische und engagierte Öffentlichkeit und auch Teile der VW-Belegschaft . Für die Konzernspitze ist diese Aufmerksamkeit mehr als unangenehm, steht sie doch wegen dem Dieselskandal und Geschäften mit weiteren autoritären Staaten unter Dauerbeobachtung.

Der Automobilkonzern Volkswagen wurde 1937 von den Nazis aus der Taufe gehoben. Es verwundert nicht, dass ein Konzern, der eine derartige Geschichte von Verflechtung mit dem deutschen Faschismus vorweisen kann, sich nicht allzu schwer damit tut, wenn es darum geht, Geschäfte mit jedem Folter- und Kriegsregime der Welt zu machen.

„[...] Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.” An dieses um 1860 von Karl Marx getätigte Zitat lassen sich noch Waffenhandel, Weltkriege und Holocaust mit anfügen.

Ein weiteres Werk in der Türkei würde eine Aufwertung der faschistischen Terrorpolitik bedeuten. Es wäre ein „Daumen hoch“ und „weiter so“ für Erdogans Mordpolitik gegenüber den Kurd*innen, seiner Inhaftierungspolitik für Journalist*innen und die türkische Opposition und für seine neoosmanisch-großtürkischen Expansionsfantasien. Der türkische Staatsterrorismus wütet nicht zuletzt auch hier in Europa. Zum sechsten Mal jährt sich am 9. Januar der durch einen Agenten des türkischen Geheimdienstes MIT in Paris verübte Mord an Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez, drei herausragenden Persönlichkeiten des kurdischen Befreiungskampfes.

Dem AKP-MHP-Faschismus, seinen Unterstützer*innen und Profiteur*innen gilt es entgegenzutreten und sich an die Seite seiner Feinde zu stellen!