Polizeigewalt in Tarsus

Die türkische Polizei hat mindestens 15 Bewohner*innen eines Stadtviertels von Tarsus mit Gewehrkolben und Pfefferspray misshandelt. Die Übergriffe gingen im Polizeigewahrsam weiter.

Während der Corona-Krise und den damit zusammenhängenden Ausnahmeregelungen eskaliert die Polizeigewalt in der Türkei und Nordkurdistan. Es kam zu Schlägen gegenüber Kindern, welche während der Ausgangssperre auf der Straße spielten, oder anderen drastischen Übergriffen der Polizei. Jetzt ist ein etwas zurückliegender Fall aus der Stadt Tarsus bei Mersin öffentlich geworden. Die Polizei hatte am 20. Mai eine mit Haftbefehl gesuchte Person durch ein Stadtviertel gejagt und dabei in die Luft geschossen. Als der Mann stürzte, kam es zu einem Streit zwischen dessen Angehörigen und den Sicherheitskräften. Daraufhin stürmten schießende Spezialeinheiten das Wohngebiet. Sie begannen die Bewohner*innen auf brutale Weise zu misshandeln und nahmen mindestens 15 Personen fest. Die Festgenommenen sind mittlerweile bis auf den mit Haftbefehl Gesuchten unter Meldeauflagen frei.

Die Polizei stürmte schießend das Stadtviertel“

Die Angaben der Anwohner zeigen das Ausmaß der Gewalt. Der betroffene Mehmet S. berichtet: „Eine Person lief weg und die Polizei eröffnete das Feuer. Daraufhin stürzte er zu Boden. Zwischen seiner Familie und der Polizei entwickelte sich ein Streit. Dann kamen hunderte Polizisten, unter ihnen Sondereinheiten, ins Viertel. Sie haben willkürlich um sich geschossen. Wer Videos gemacht hat, wurde misshandelt und festgenommen.“

Wir wurden auf dem Polizeirevier geschlagen“

Mehmet S. berichtet weiter, wie die Menschen mit Gewehrkolben geschlagen und mit Pfefferspray angegangen wurden. Die Tortur ging auf dem Polizeirevier, wohin sie mit auf den Rücken gefesselten Händen gebracht wurden, weiter. Am 21. Mai wurden sie unter der Anklage „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Behinderung von Vollstreckungsbeamten“ unter Meldeauflagen freigelassen. Die Gewaltopfer haben sich ihre Verletzungen bestätigen lassen und auch beim Staatsanwalt ihre Misshandlungen angezeigt, stießen dabei aber auf Desinteresse.