Mithat Sancar, Ko-Vorsitzender der Demokratischen Partei der Völker (HDP), hat die Familie des Achtjährigen angerufen, der in Nisêbîn (Nusaybin) von einem schießenden Polizisten verfolgt worden ist. Der erst am Samstag durch ein veröffentlichtes Video publik gewordene Vorfall vom 24. April hat in der Türkei für Furore gesorgt und die türkischen Behörden zu eilig abgegebenen Erklärungen genötigt. In dem Video ist zu sehen, wie ein Polizist schreiend und in die Luft schießend hinter kleinen Kindern herläuft, eines von ihnen zu fassen kriegt und am Ärmel zu einem Polizeipanzer zerrt.
Kindheit in Nisêbîn
Der HDP-Politiker Sancar sprach am Telefon auf Kurdisch mit Mehmet Erdal, dem Vater des betroffenen Kindes. Er erklärte, dass er Nisêbîn gut kenne, weil er seine Kindheit dort verbracht habe und daher genau wisse, was es bedeute, ein Kind in dieser Stadt zu sein. Daher könne er auch nachempfinden, was die Familie erlebt habe. Er sicherte der Familie Unterstützung zu und sagte, dass seine Partei und insbesondere die Abgeordneten aus der Provinz Mêrdîn (Mardin) den Fall weiter verfolgen würden.
Die von Polizei und Gouverneursamt zwanzig Tage nach dem Vorfall hektisch abgegebenen Erklärungen bezeichnete Sancar als missglückten Versuch, das Geschehene abzuhaken. „In den Erklärungen wird behauptet, dass die Kinder Steine geworfen hätten. Damit wird versucht, eine Begründung für den hasserfüllten Angriff zu liefern. Die Stellen, die diese Erklärungen abgegeben haben, machen sich damit zu Mittätern. Ein Steine werfendes Kind in diesem Alter kann nicht als Begründung für einen derartigen Hass herangezogen werden. Ein Kind in diesem Alter kann nicht einmal einen Spatzen mit einem Steinwurf verletzen“, so der HDP-Vorsitzende.
„Der Angriff gilt der kurdischen Identität“
Sancar unterstrich, dass der Angriff auf die Kinder ihrer kurdischen Identität gegolten habe: „Dass der Hass der Sicherheitskräfte in den kurdischen Gebieten derartig angeheizt wird und sich immer mehr ausbreitet, liegt an der Denkweise der Regierung. Dieser Hass bezieht seine Kraft aus der Regierungsmentalität und entlädt sich vor allem in den kurdischen Gebieten und an kurdischen Kindern. Diesen Hass abzuschaffen, ist einer der Existenzgründe der HDP.“
„Er hat tagelang gezittert“
Mehmet Erdal berichtete dem HDP-Vorsitzenden von seiner Sicht des Vorfalls und erzählte, dass sein Sohn noch Tage später gezittert habe. Er bedankte sich bei allen, die diesem Angriff Aufmerksamkeit widmen, und forderte, dass die in Kurdistan zum Normalzustand gewordenen Übergriffe auf die Bevölkerung aufhören.