Die als „Corona-Amnestie“ bezeichnete Gesetzesänderung wurde am Montag im türkischen Parlament angenommen. Sie sieht die Freilassung von rund 90.000 Gefangenen in der Türkei vor, die vorzeitige Entlassung der politischen Gefangenen schließt die Gesetzesänderung explizit aus.
Emirhan Sağlam, Vater des politischen Gefangenen Zafer Sağlam, erklärt gegenüber ANF: „Unsere Kinder werden schutzlos der Pandemie ausgeliefert.“ Außer dass Gefangene wie sein Sohn in Isolationshaft gesteckt werden, geschehe nichts, berichtet er. Zafer Sağlam befindet sich nun in einer Einzelzelle im Hochsicherheitsgefängnis Silivri. Er ist einer von zwei Gefangenen, die getestet wurden, sein Test fiel negativ aus. Emirhan Sağlam berichtet von einem Telefongespräch mit seinem Sohn: „Als ich in der letzten Woche mit meinem Sohn telefonierte, befand er sich noch nicht in Isolationshaft. Er sagte, dass es Probleme mit der Hygiene und der Wasserversorgung im Gefängnis gäbe. Es wurden keine Reinigungsmittel ausgehändigt und das fließende Wasser wurde abgestellt. Im Moment befindet er sich in Isolationshaft. Ich kann ihn nicht fragen, wie es ihm geht. Der Test eines Zellennachbarn von ihm fiel positiv aus, auch er wurde in Isolationshaft genommen.“
Wir machen uns große Sorgen
Emirhan Sağlam macht sich große Sorgen um seinen Sohn und die anderen politischen Gefangenen. Er sagt: „Wir haben alle gehofft, dass ein gerechtes Vollzugsgesetz herauskommt, aber nicht einmal unter den Bedingungen einer Pandemie ist dies geschehen. Das Virus macht keinen Halt vor politischen Gefangenen, es tötet Reiche wie Arme. Unsere Kinder werden schutzlos der Seuche überlassen. Wir machen uns nicht nur Sorgen um unseren Sohn, sondern um alle Menschen in den Gefängnissen.“
Sie konnten nicht einmal ihr Geschirr waschen
Die Schwester von Zafer Sağlam, Bilge Sağlam, erzählt, ihr Bruder habe ihr vergangene Woche berichtet, dass die Gefangenen aufgrund der Unterbrechung des fließenden Wassers nicht einmal ihr Geschirr spülen konnten: „Wir wissen nicht, unter welchen Bedingungen er jetzt in Einzelhaft sitzt. Wir machen uns große Sorgen. Zu Hause werden wir nervös, wenn einer hier zu Husten anfängt, ich möchte mir nicht vorstellen, wie das für die Gefangenen ist. Sie müssen ja auf engstem Raum zusammenleben und können keinerlei sozialen Abstand nehmen. Die Gefängnisse sind sowieso schon überbelegt. Wir machen uns größte Sorgen.“