Neues Azadî-Info erschienen

Im neuen Infobrief des Rechtshilfefonds Azadî geht es um die Annäherung der Bundesregierung an die Unterdrückungsstrategie des türkischen Regimes und viele weitere spannende Themen.

„In dieser Ausgabe haben wir versucht zusammenzutragen, welche Anstrengungen das Bundesinnenministerium, nachgeordnete Behörden wie das Bundesamt für Verfassungsschutz oder die Polizei im Februar unternommen haben, um die Anliegen von Kurdinnen und Kurden zu kriminalisieren und Solidarität mit ihnen zu diskreditieren. Die Bundesregierung nähert sich gefährlich der Unterdrückungsstrategie des türkischen Regimes an, indem die Forderungen aus Ankara nach einer noch schärferen Verfolgung kurdischer Aktivitäten in Deutschland erfüllt werden“, erklärt Monika Morres vom Azadî-Vorstand, dem Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland, zum neuen Infoblatt.

Türkischer Innenminister droht Urlaubern

Wie sehr Erdoḡan diese Handlangerdienste nutzt, zeigen aktuelle Berichte deutscher Zeitungen. Unter Berufung auf eine Rede des türkischen Innenministers Süleyman Soylu vom 3. März, hat dieser Urlaubern aus Deutschland bei Einreise in die Türkei mit Verhaftung gedroht, sollten sie sich an regierungskritischen Demonstrationen beteiligt haben. Dies gelte besonders für Demonstrant*innen, die der PKK nahestehen. „Da gibt es jene, die in Europa und in Deutschland an den Veranstaltungen der Terrororganisation teilnehmen und dann in Antalya, Bodrum und Muğla urlauben“, so Soylu. „Von nun an wird es nicht mehr so einfach sein, draußen Verrat zu begehen, und sich dann in der Türkei amüsieren.“ Soylu wies die Zeitungsberichte als „verzerrt“ zurück.

Kritik gab es von deutschen Politiker*innen. Der innenpolitische Sprecher der FDP, Konstantin Kuhle hatte sich am 5. Februar gegenüber t-online geäußert: „Die Bundesrepublik Deutschland kann nicht tatenlos dabei zusehen, dass der türkische Staat auf deutschem Boden Listen über kritische Demonstranten erstellt, möglicherweise sogar durch Aktivitäten türkischer Geheimdienste.“ Schon seit langem ist das Treiben türkischer Agenten in Deutschland bekannt bis hin zu Morddrohungen gegenüber Oppositionellen und kurdischen Aktivist*innen. Auch Listen sind nichts Neues. Was fehlt, sind Taten, nämlich entschiedenes Vorgehen gegen diese schmutzigen Aktivitäten.

Der Verfassungsschützer Sinan Selen und die PKK-Broschüre

Im Azadî-Info vom Dezember 2018 wurde darüber berichtet, dass der 46-jährige Ex-Polizist und „Terrorismusexperte“, Ex-Mitarbeiter beim BKA und im Bundesinnenministerium, Sinan Selen, zum Vizepräsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz ernannt werden soll. Seit dem 21. Januar dieses Jahres hat er diesen Job - und prompt gibt die Behörde eine Schrift über die PKK heraus! „Das intellektuelle Niveau der Broschüre kann nur als peinlich bezeichnet werden, die Ignoranz gegenüber der Realität ist erschreckend“, kommentiert Rechtsanwalt Berthold Fresenius dieses Ereignis und der Historiker Nick Brauns spricht von einem „abstrusen Zerrbild der kurdischen Bewegung“.

Positives Düsseldorfer Urteil

Positiv ist dagegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Februar, in dem festgestellt wird, dass eine verbotene Demonstration vor einem Jahr aus Anlass des Angriffs der türkischen Armee auf Efrîn rechtswidrig war. Außerdem sah das Gericht keine Anhaltspunkte, dass das Demokratische Gesellschaftszentrum der Kurd*innen in Deutschland, NAV-DEM, eine Teilvereinigung der PKK ist – wie (nicht nur) von der Polizeibehörde Düsseldorf behauptet wurde.

Mahmut Kaya ist frei

Positiv auch, dass Mahmut Kaya am 22. Februar nach Urteilsverkündung vor dem OLG Hamburg in Begleitung seines Verteidigers zwar Gericht und Gefängnis verlassen konnte, er aber nach §129b zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt worden ist. Die Strafe ist für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt.

„Solidarität und gemeinsamer politischer wie juristischer Widerstand gegen Kriminalisierung, Diffamierung und Einschüchterung ist nötiger denn je in dieser Zeit“, resümiert Monika Morres.