Am Sonntag erschütterte ein schwerer Anschlag Istanbul. Eine Bombe in der belebten Istiklal Caddesi riss sechs Menschen in den Tod und verletzte über achtzig Personen. Die angeblich Schuldigen waren schnell bei der Hand und das türkische Regime wies der PKK und insbesondere den nordsyrischen YPG die Verantwortung zu. Die Behauptungen des Regimes brachen allerdings schnell in sich zusammen, so wiesen sämtliche Organisationen der kurdischen Freiheitsbewegung eine angebliche Beteiligung an der Aktion scharf zurück und verurteilten den Anschlag. Stattdessen wird klar, dass das AKP/MHP-Regime den Angriff zu nutzen versucht, um eine weitere Invasion in Nordsyrien vorzubereiten.
„Eine osmanische Intrige“
Im ANF-Gespräch äußert sich nun der Ko-Vorsitzende der PYD, Salih Muslim, zu dem Anschlag. Muslim sieht in ihm einen Komplott der türkischen Abteilung für Spezialkriegsführung und erklärt: „Dies war ein terroristischer Anschlag, den wir wie alle anderen auch verurteilen. Es handelt sich um eine osmanische Intrige, die niemandem nützt. Als Verteidigungskräfte von Rojava, als Demokratische Kräfte Syriens (QSD), Autonomieverwaltung und PYD haben wir vom ersten Tag erklärt, dass wir diesen Angriff verurteilen.“
„Vorbereitetes Szenario zur Schaffung einer Gelegenheit zum Angriff“
Salih Muslim unterstreicht, dass Maßnahmen gegen die Gefahr eines Anstiegs der Angriffe auf Rojava getroffen werden müssen. Er sagt: „Die Angriffe auf Rojava haben nicht aufgehört. Es möglich, dass sie noch weiter verstärkt werden. Deshalb müssen alle unsere Verteidigungskräfte und die demokratischen Kräfte vorbereitet sein. Wir müssen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.“
„Es geht um Rache für Kobanê“
Salih Muslim weist darauf hin, dass der türkische Staat zu einem solchen Komplott greife, da er bisher seine Angriffspläne auf Rojava nicht habe verwirklichen können. Insbesondere Kobanê werde ins Visier genommen, um sich für die Niederlage des IS dort zu rächen: „Der Wunsch nach Rache für Kobanê prägt ihr Bewusstsein. Denn dort wurde der IS besiegt. Deshalb befinden sich insbesondere Kobanê und Minbic im Visier. Der türkische Staat hat entsprechende Szenarien vorbereitet und wird angreifen, sobald er die Gelegenheit dazu findet.“
„Die mutmaßliche Täterin hat Verbindungen zur FSA“
Salih Muslim erklärt, von der Person, die im Zusammenhang mit dem Anschlag von der türkischen Polizei festgenommen wurde, gebe es Fotos, die auf Verbindungen zu Gruppen wie der türkisch kontrollierten FSA („Freie Syrische Armee") hindeuten: „Niemand in unserer Region kennt die Person, die den Anschlag verübt hat. Aus ihren Social-Media-Accounts geht allerdings hervor, dass diese Person Verbindungen zu Gruppen wie der FSA hat. Es gibt Fotos von ihr vor Fahnen der Sultan-Murad-Brigade. Sie ist keine Kurdin und hat keine Beziehungen zur Selbstverwaltung von Rojava.“
„Seid wachsam“
Salih Muslim ruft dazu auf, aufmerksam und sensibel gegenüber solchen Angriffen zu sein. Er appelliert: „Eine solche Provokation zielt auf das kurdische Volk. Alle, vor allem die demokratischen Kräfte, sollten vorsichtig und sensibel sein, denn sie wissen, wie solche Komplotte seit den 70er Jahren von der Abteilung für Spezialkriegsführung organisiert werden. Ich denke, die Öffentlichkeit in der Türkei ist sich auch dessen bewusst. Wir befinden uns in einer sehr sensiblen Phase. Dieses Komplott zielt vor allem auf die Innenpolitik. So versucht das Regime, sein Leben zu verlängern. Wir müssen wachsam sein und die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen treffen.“