Nach vier Jahren endet am 28. Juli der Prozess, der nach Verfolgungsermächtigung der Bundesregierung als sogenannter „Kommunistenprozess“ wegen seiner Dauer und seines Umfangs in die deutsche Justizgeschichte eingehen wird. Angeklagt sind neun Männer und eine Frau aus Kurdistan und der Türkei. Ihnen werden keine konkreten Straftaten vorgeworfen. Es geht um Mitglieds- bzw. „Rädelsführerschaft“ der in Deutschland nicht verbotenen TKP/ML.
Im Raum steht der konstruierte Vorwurf des „Terrorismus“ nach § 129b StBG, wobei eine Einordnung einer Organisation als terroristische Vereinigung oder Befreiungsbewegung keine juristische Frage ist, sondern eine außenpolitische Wertung.
Zu erwarten ist ein politisches Urteil. Zu befürchten ist ein Urteil, das dem türkischen Unrechtsstaat gefallen wird. Eine Auflehnung gegen das faschistische AKP/MHP-Regime in Ankara widerspricht den derzeitigen – und seit mehr als 100 Jahren praktizierten – Interessen der deutschen Außenpolitik.
Der Bundesanwalt fordert für die Angeklagten Haftstrafen von drei Jahren und sechs Monaten bis zu sechs Jahren und neun Monaten. Neun Beschuldigte wurden aufgrund der überlangen Dauer der Untersuchungshaft mittlerweile frei gelassen. Der Hauptangeklagte Müslüm Elma ist als Einziger nach fünf Jahren und fast drei Monaten immer noch in U-Haft.
Die Schlussworte der Angeklagten sind auf dem Blog der Anwälte dokumentiert. Sie zeigen, dass der Kampfgeist der zehn Männer und Frauen ungebrochen ist. Sie wissen, dass der deutsche Staat die Gesinnung bestrafen und ein Exempel statuieren will. Ihre Antwort darauf ist, sich mit hoher Moral und unbeugsamem Willen weiterhin einzusetzen für eine Gesellschaft des solidarischen Miteinander ohne Ausbeutung und Unterdrückung,
Am Tag der Urteilsverkündung findet um zehn Uhr eine Protestdemonstration vor dem Oberlandesgericht München an der Nymphenburger Straße statt. Die Forderungen sind eindeutig: Freispruch für alle Angeklagten, Abschaffung der Paragrafen 129a/b, Schluss mit der „Verfolgungsermächtigung“ und der Zusammenarbeit mit dem Erdogan-Regime durch die Bundesregierung.
Den Demonstrationsaufruf haben unter anderem mit unterzeichnet: ATİK (Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa), KCDK-E (Kongress der Demokratischen Gesellschaft Kurdistans – Europa), AZADÎ e.V., Rote Hilfe, Frauen Verband Courage, Yeni Kadın, Antikapitalistische Linke, FİDEF (Föderation der ArbeiterInnenvereine in der Bundesrepublik Deutschland) und viele weitere Organisationen aus dem In- und Ausland.