Im Auftaktprozess um Proteste im Leipziger Braunkohlerevier ist die sächsische Landtagsabgeordnete Juliane „Jule“ Nagel (DIE LINKE) am Donnerstag vom Bornaer Amtsgericht wegen Hausfriedensbruch verurteilt worden. Sie soll eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 150 Euro zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Im November 2019 waren mehr als 1.000 Aktivist:innen des Klimagerechtigkeitsbündnisses „Ende Gelände“ in den Tagebau Vereinigtes Schleenhain südlich von Leipzig gelangt und hatten dort den Kohleabbau blockiert. Ihre Forderung: Ausstieg aus der klimaschädlichen Energiegewinnung. Sie blockierten friedlich die Kohleinfrastruktur für einige Stunden und verließen die Grube danach freiwillig wieder.
Die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (kurz MIBRAG) reagierte mit Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs. Nicht nur gegen Aktive von Ende Gelände, sondern auch gegen Medienschaffende, die von den Protesten berichteten, und gegen zwei Landtagsabgeordnete, die als parlamentarische Beobachter:innen vor Ort waren. Zu ihnen gehörte neben dem stellvertretenden Linksfraktionschef Marco Böhme, der sich demnächst ebenfalls vor Gericht verantworten muss, auch Juliane Nagel, die zugleich Stadträtin in Leipzig ist. Anfang Juli stimmte der Landtagsausschuss für die Aufhebung ihrer Immunität.
Jule Nagel | Foto: DIE LINKE Sachsen
Nagel kritisierte nach dem Urteil über Twitter, dass das Gericht bei seiner Urteilsfindung weder gewürdigt habe, dass das Tagebaugelände nicht umfriedet sei, wie es das Strafgesetzbuch vorsehe, noch ihre vermittelnde Rolle bei den Protesten anerkannte. „Im Fokus der Kritik steht die MIBRAG, die öffentlichen Grund für klimaschädlichen Kohleabbau ausbeutet und Aktivist:innen, Journalist:innen und Abgeordnete mit Anzeigen überzogen hat. Wir werden Rechtsmittel einlegen“, so Nagel.
Der Prozess gegen Juliane Nagel ist der Auftakt für eine Reihe von Prozessen zu dem Aktionstag im Leipziger Braunkohlerevier vor gut drei Jahren. Kommende Woche Freitag steht Sina Reisch, Pressesprecherin des Bündnisses Ende Gelände, vor Gericht. Sie und andere Beklagte werten die Anzeigen als Einschüchterungsversuch und Angriff auf die Pressefreiheit. Die MIBRAG verweist dagegen auf den Schutz ihrer Unternehmensinteressen.