Die kurdische Politikerin Leyla Güven ist Ko-Vorsitzende des wichtigen kurdischen Selbstverwaltungsorgans „Demokratischer Gesellschaftskongress“ (KCD/DTK). Sie gehört zu den führenden Köpfen der Demokratiebewegung in der Türkei und Nordkurdistan. So führte sie 2018/2019 einen Hungerstreik vieler tausend Menschen gegen die Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan an. Der Abgeordneten wurde vom AKP/MHP-Regime das parlamentarische Mandant entzogen. Güven hat jetzt einen offenen Brief an das EU-Parlament, die Vorsitzenden der EU-Kommission und die außenpolitische Vertretung der EU sowie an die Regierungen der EU-Staaten verfasst, in dem sie vor allem vor den Folgen der Kriminalisierungsversuche gegen den KCD/DTK warnt.
In dem Brief von Güven heißt es unter anderem: „Die Regierung der Türkei wird zunehmend autoritärer, die Versuche, den Demokratischen Gesellschaftskongress, in dem sich der politische Wille der Zivilgesellschaft widerspiegelt, zu kriminalisieren und aufzulösen und die weitere Einschränkung der politischen Freiheiten werden die Beziehungen zwischen der Türkei, Europa und den Regionalstaaten negativ beeinflussen.“
Was ist der KCD/DTK?
Der Demokratische Gesellschaftskongress (kurd. Kongreya Civaka Demokratîk, KCD, türk. Demokratik Toplum Kongresi, DTK) fungiert als Dachverband politischer Parteien, zivilgesellschaftlicher Organisationen, religiöser Gemeinden sowie Frauen- und Jugendorganisationen. Er ist ein wichtiges Organ des Modells des Demokratischen Konföderalismus – der auf lokale Demokratie statt Zentralstaatlichkeit setzt. Der KCD/DTK versteht sich als gesellschaftlicher Gegenentwurf zu staatlichen Strukturen, der, gestützt auf Räte- und Basisdemokratie, Konzepte zur Selbstorganisierung der Bevölkerung und Alternativen der kommunalen Selbstverwaltung erarbeitet. In KCD/DTK sind etwa 1000 Delegierte, von denen 60 Prozent durch die Bevölkerung direkt gewählt und 40 Prozent aus zivilgesellschaftlichen Organisationen benannt werden und ist in Kommissionen gegliedert. Sowohl innerhalb des Dachverbands – wie auch in den Stadtteilräten und Stadträten – gibt es keine Frauenquote, sondern eine Geschlechterquote. Das bedeutet, dass der Anteil von Frauen beziehungsweise Männern 40 Prozent nicht unterschreiten darf. Der türkische Staat versucht, die basisdemokratische Organisation als „Terrororganisation“ zu kriminalisieren und nimmt systematisch insbesondere die Delegierten ins Visier.