Seit Tagen finden in Deutschland und anderen europäischen Ländern wieder täglich Proteste der kurdischen Community statt. Unzählige Menschen fordern Klarheit über die Situation von Abdullah Öcalan, dem seit 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftierten PKK-Begründer. Anlass für die Proteste ist die völlige Funkstille um den 73-Jährigen und die Forderung an das Antifolterkomitee des Europarats (CPT), Kontakt zu ihm und seinen Mitgefangenen zu gewährleisten. Auch am Samstag waren deshalb wieder Menschen auf der Straße.
Seitdem das Rechtsbüro Asrin Ende November erklärt hat, dass das CPT bei seinem letzten Türkei-Besuch im September vermutlich keinen persönlichen Kontakt zu Öcalan hatte, hat sich die Sorge um das Leben und die Sicherheit des kurdischen Vordenkers verstärkt. Die kurdische Gesellschaft fordert Aufklärung über den Besuch des CPT auf Imrali und Informationen über den Zustand der Gefangenen.
In Köln hatte das „Mala Kurda“ Vereinsmitglieder dazu eingeladen, an einer öffentlichen Presseerklärung teilzunehmen. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt versammelten sich einige Dutzend Menschen mit Fahnen und Transparenten, auf denen unter anderem „Öcalans Freiheit ist unsere Freiheit“ zu lesen war, an der Nordseite des Kölner Hauptbahnhofs und lauschten stumm der Erklärung, die von einem Aktivisten verlesen wurde. Thematisiert wurde, wie Öcalan mit einem internationalen Coup aus Kenia in die Türkei verschleppt worden ist und mit seinen drei Mitgefangenen Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş seit Jahren auf Imrali isoliert wird. Auch wurde sich der Unterdrückungsmaßnahmen gewidmet, die auf Imrali ergriffen werden. So gilt seit 2019 wieder ein striktes Anwaltsverbot, der letzte Besuch des Verteidigungsteams von Öcalan fand im August 2019 statt. Konar, Yıldırım und Aktaş haben seit ihrer Verlegung in das Inselgefängnis 2015 noch nie von ihrem Recht auf anwaltliche Vertretung Gebrauch machen können.
Das CPT müsse endlich „seiner Verantwortung gerecht werden“ und Maßnahmen ergreifen, damit das Unrecht auf Imrali aus dem Weg geräumt werden könne, fordert das Mala Kurda. Des Weiteren forderte der Sprecher die Bundesregierung auf, Stellung zu nehmen und einen sofortigen Stopp des völkerrechtswidrigen Krieges der Türkei gegen die Kurdinnen und Kurden im Norden Syriens und des Iraks zu verlangen. „Die kurdische Gesellschaft setzt auf Friedensverhandlungen für die betroffenen Gebiete mit dem Ziel einer demokratischen Lösung der Kurdistan-Frage. Das kann nur mit einem freien Öcalan funktionieren.“
Kundgebung vor der Roten Flora in Hamburg
Eine weitere Presseerklärung zur Lage auf Imrali wurde im Hamburger Schanzenviertel vor dem autonomen Zentrum Rote Flora abgegeben. Die Zusammenkunft wurde mit einer Schweigeminute für die Gefallenen des kurdischen Befreiungskampfes eingeleitet. Anschließend verlas eine Aktivistin eine Stellungnahme des Volksrats Hamburg. Der Verein wirft dem CPT „Untätigkeit und Ignoranz“ angesichts der Situation von Abdullah Öcalan vor und bezeichnet das ausbleibende Handeln als „Unterstützung“ für die Isolationspraxis des türkischen Regimes. Ankara könne sein „System Imrali“ aber nur aufrechterhalten, weil das Land von einer Kriegspolitik beherrscht werde. Daher würde die Durchsetzung von Kontakt zu Öcalan nicht nur bedeuten, der eigenen Verantwortung als Antifolterkomitee nachzukommen, sondern auch dem kriegstreiberischen Ansatz der Türkei, der seit Beginn der jüngsten Angriffswelle vor drei Wochen gegen West- und Südkurdistan eine neue Qualität erreicht hat, einen Riegel vorzuschieben.
Demonstration in Frankfurt
In der hessischen Metropole Frankfurt fand eine Demonstration statt.
Kundgebung in Darmstadt
In Darmstadt wurde im Rahmen einer Kundgebung auf dem zentralen Luisenplatz gegen die Isolation von Abdullah Öcalan und das ausbleibende Handeln des CPT protestiert.
„Bijî Serok Apo“ in Saarbrücken
Eine weitere Kundgebung fand in Saarbrücken statt. Dabei wurde oftmals die Parole „Bijî Serok Apo“ (Es lebe der Vorsitzende Apo) skandiert. Eine Sprecherin kündigte an, dass die Proteste gegen das CPT von der örtlichen kurdischen Community in den nächsten Tagen fortgesetzt würden.