Der kurdische Europadachverband KCDK-E hat dem Antifolterkomitee des Europarats (CPT) vorgeworfen, die Isolationsfolter im türkischen Inselgefängnis Imrali bewusst zu ignorieren. Hintergrund der Kritik ist das Auslassen einer Inspektion in dem Hochsicherheitsgefängnis, in dem Abdullah Öcalan und drei weitere kurdische Gefangene von jeglichem Kontakt zur Außenwelt abgeschnitten sind, beim letzten Besuch des Gremiums in der Türkei.
Am Freitag war bekannt geworden, dass das CPT vom 13. bis 22. Februar 2024 der Türkei einen Ad-hoc-Besuch abgestattet hat. Wie das Komitee mitteilte, bestand das Hauptziel des Besuchs darin, die Behandlung von Personen in Hochsicherheitsgefängnissen zu untersuchen. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Situation von LGBTI und Frauen in Haft gewesen. Zur Situation der Imrali-Gefangenen habe das CPT lediglich „bestimmte Fragen“ an die türkischen Behörden gerichtet, insbesondere was ihren Kontakt nach draußen betrifft. Aufforderungen an die Regierung, das Unrechtssystem auf der Insel zu beenden, gab es offenbar nicht.
Der KCDK-E zeigte sich sichtlich empört in einer Pressemitteilung: „Seit Jahren zeigen sich Kurdinnen und Kurden sowie ihre Unterstützenden besorgt angesichts 25 Jahren grausamer Folter auf Imrali und versuchen mit zunehmender Intensität, ein Lebenszeichen von Abdullah Öcalan zu erhalten. Gerade in den vergangenen drei Jahren herrscht dort ein Zustand der völligen Isolation.“ Doch trotz regelmäßigen und nachdrücklichen Hinweisen der Öcalan-Anwälte an das CPT und den Europarat selbst über die Abwesenheit jeglicher Grund- und Menschenrechte sowie eindringliche Warnungen der kurdischen Gesellschaft für das Leib und Leben des PKK-Begründers, komme das Antifolterkomitee seiner Verantwortung und Pflicht nicht nach.
Das CPT ist die einzige Institution, die das Recht hat, alle Gefängnisse der Mitgliedsstaaten des Europarats zu inspizieren. „Doch einmal mehr hat das CPT offensichtlich eine politische Haltung eingenommen und damit seine Verantwortung als Hüter der Rechte von Gefangenen verletzt. Die Glaubwürdigkeit dieses Gremiums ist mehr als fragwürdig“, betont der KCDK-E. Erst vor wenigen Tagen hatte sich die völkerrechtswidrige Verschleppung Öcalans aus Kenia in die Türkei zum 25. Mal gejährt. Kurdinnen und Kurden auf der ganzen Welt nahmen diesen traurigen Jahrestag zum Anlass, die internationale Gemeinschaft sowie ihre Institutionen aufzufordern, Maßnahmen für eine Beendigung der Imrali-Isolation zu ergreifen.
„Leider müssen wir feststellen, dass die Sorgen von Millionen Menschen nicht ernst genommen werden und Forderungen, die Zustände auf Imrali zu untersuchen, unbeachtet bleiben“, betont der KCKD-E. Das CPT ziehe es vor, sich wie die drei Affen zu verhalten, die nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Mit dieser politischen Haltung agiere das Gremium nicht als „Europäisches Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“, sondern als „indirekter Förderer und Unterstützer“ der Folter und des türkischen Regimes, so der Verband.
Titelfoto: Demonstration gegen die Imrali-Isolation am 17. Februar 2024 in Wien (c) Presseservice Feykom | Elefterya Wien