Die in Istanbul ansässige Anwaltskanzlei Asrin hat das Antifolterkomitee des Europarats (CPT) mit scharfen Worten kritisiert. Die Kanzlei vertritt Abdullah Öcalan und seine drei Mitgefangenen Hamili Yıldırım, Ömer Hayri Konar und Veysi Aktaş im türkischen Inselgefängnis Imrali und wirft dem CPT eine schwere Verletzung seiner Aufsichtspflicht zur Verhütung von Folter vor:
„Wie das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) gestern mitteilte, war eine Delegation zwischen dem 13. und 22. Februar 2024 in der Türkei und besuchte einige Gefängnisse. Das Inselgefängnis Imrali war nicht unter den besuchten Gefängnissen aufgeführt. Stattdessen wurde in der Mitteilung betont, dass bestimmte Fragen mit den zuständigen Behörden erörtert wurden, insbesondere was den Kontakt der Gefangenen im Hochsicherheitsgefängnis Imrali zur Außenwelt betreffe. Wie aus der Mitteilung hervorgeht, hat die CPT-Delegation das Inselgefängnis Imrali während dieses langen Aufenthalts in der Türkei nicht besucht und Herrn Abdullah Öcalan, Herrn Veysi Aktaş, Herrn Hamili Yıldırım und Herrn Ömer Hayri Konar, von denen wir seit 35 Monaten keine Nachricht erhalten haben, nicht getroffen. Wie schon zuvor hat sich das CPT nur im Rahmen eines Gesprächs mit den Behörden mit den Kontakten unserer Mandanten zur Außenwelt befasst. Dieser Ansatz des CPT ist weder mit dem Folterverbot noch mit seiner Pflicht, Folterbedingungen zu verhindern, vereinbar.“
Das Recht auf Verteidigung ist außer Kraft gesetzt
Die Kanzlei weist darauf hin, dass ihr keinerlei Informationen über die Haftbedingungen und den Gesundheitszustand ihrer Mandanten vorliegen. Der letzte Anwaltsbesuch bei Abdullah Öcalan fand im August 2019 statt, das letzte Lebenszeichen aus Imrali war ein kurzes Telefonat im März 2021. Seitdem sind alle Verbindungen abgebrochen. Angesichts der Tatsache, dass das Recht auf Verteidigung auf Imrali vollständig außer Kraft gesetzt ist, sei es ein inakzeptabler Ansatz, das Thema nur bei Treffen mit Behördenvertretern anzusprechen. Dem CPT sei auch bekannt, dass die Türkei seit anderthalb Jahren der Aufforderung des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen, unverzüglich einen Anwaltsbesuch zuzulassen, nicht nachkommt.
Das Folterverbot wird ausgehöhlt
„Die seit 25 Jahren andauernde Haft ohne Aussicht auf Entlassung sowie die derzeitigen Bedingungen der absoluten Isolation sind unmenschlich und stellen eine Form der Folter dar. Die Vorgehensweisen der nationalen und internationalen Behörden und Institutionen stehen im Widerspruch zum Folterverbot und haben dessen Charakter ausgehöhlt“, betont die Kanzlei, die dem CPT regelmäßig Informationen und Forderungen bezüglich ihrer Mandanten auf Imrali übermittelt. Das letzte schriftliche Briefing sei am 15. Februar erfolgt, also noch während des Aufenthalts der CPT-Delegation in der Türkei. Insofern sei eine direkte Inspektion auf der Gefängnisinsel dringend erforderlich gewesen. Da auch der Bericht über den letzten CPT-Besuch auf Imrali am 22. September 2022 nicht veröffentlicht wurde, sei zu befürchten, „dass die Bedingungen der Folter und der rechtswidrigen Isolierung auf Imrali fortbestehen werden“.
„Zum jetzigen Zeitpunkt erwarten wir, dass das CPT seine Feststellungen und Beobachtungen zu Imrali öffentlich macht, da seit Jahren keine seiner Empfehlungen berücksichtigt wurde und der Staat keine Verbesserungen vorgenommen hat“, fordert die Kanzlei Asrin. Das CPT müsse sich entsprechend ihres Auftrags aktiv dafür einsetzen, dass die Kontaktsperre aufgehoben, das Folterverbot eingehalten und Besuche von Anwält:innen und Familienangehörigen zugelassen werden.
Foto: Demonstration für die Freilassung von Abdullah Öcalan in Nordsyrien, 15. Februar 2024