Inhaftierte Yüksekdağ fordert Freilassung von Demirtaş

Die ehemalige Ko-Vorsitzende der HDP, Figen Yüksekdağ, forderte am fünften Verhandlungstag in ihrem eigenen Verfahren die Freilassung des HDP-Präsidentschaftskandidaten Selahattin Demirtaş.

Vor der 16. Strafgerichtskammer von Ankara fand heute der fünfte Verhandlungstag im Verfahren gegen die inhaftierte Politikerin und ehemalige Ko-Vorsitzende der HDP, Figen Yüksekdağ statt. Wie erwartet, hat das Gericht die Aufhebung der Untersuchungshaft Yüksekdağs nicht angeordnet.

Der Prozess wurde von zahlreichen Abgeordneten und Mitgliedern der HDP beobachtet. Allerdings wurde dem schwedischen Botschafter in Ankara sowie einer internationalen Abordnung erneut untersagt, den Gerichtssaal zu betreten.  

Yüksekdağ begrüßte zunächst die anwesenden Zuschauer*innen und begann sogleich mit ihrer Verteidigung, mit der sie das Gericht in seinen Grundfesten erschütterte. Die Politikerin prangerte an, dass sie sich seit bereits 1,5 Jahren in Untersuchungshaft befinde, weil sie ihren Pflichten als Ko-Vorsitzende einer im Parlament vertretenen Partei nachgegangen sei. Das gleiche Bild zeichne sich auf etwa 5.000 weitere Mitglieder der HDP ab, die genau wie Yüksekdağ ohne konkreter Anklageschrift in Geiselhaft gehalten werden, weil sie sich aktiv in die Arbeiten der HDP eingebracht haben.

„In einem Moment, in dem das Land eine kritische Phase durchlebt, werden wir daran gehindert, unseren Verpflichtungen nachzukommen. Unter dem Vorwand, wir hätten gegen geltendes Recht verstoßen, begeht die Justiz auf Betreiben der herrschenden Macht Verbrechen an uns und unseren Wähler*innen. Innerhalb eines Rechtssprechungsorgans müssen jedoch universelle Maßstäbe gelten. Wir werden beschuldigt, die öffentliche Sicherheit gefährdet zu haben. Tatsächlich ist aber die regierende Macht für den größten Schaden verantwortlich, weil sie in die Eckpfeiler der öffentlichen Ordnung eingreift. Wird das Land aus der Krise finden, in der wir uns befinden? Nachdem die elementaren Institutionen in ihren Grundfesten unterwandert wurden, wird es nicht ausreichen, panikartig vorgezogene Wahlen anzuberaumen, um die Gesellschaft aus der Krise zu führen. Während dieses Land kurz davor steht, Parlaments-und Präsidentschaftswahlen durchzuführen, werden wir vor Gericht gestellt. Sie behaupten, es seien freie Wahlen. Wie sollten Wahlen frei sein können, wenn sie doch unter dem Ausnahmezustand stattfinden werden?“

Yüksekdağ: Ich fordere nicht meine, sondern die Freilassung Demirtaşs

„Sie haben uns eingesperrt, um uns von dem Feld der Politik zu holen. Seit 1,5 Jahren versucht man, uns zu beseitigen. Damit werden sie niemals Erfolg haben. Doch heute geht es nicht um mich, sondern unseren Freund Selahattin Demirtaş, den Präsidentschaftskandidaten der HDP, der morgen Republikspräsident sein könnte. Man kann uns einsperren, aber die Realität, dass unsere Stimme in Amed, Wan, Istanbul, Rize und Antalya hallt, können sie nicht wegsperren. Sie denken, dass wir unsere Hoffnung verlieren, sobald wir hinter Gittern landen. Weder werden wir unsere Hoffnung aufgeben, noch werden wir aufhören, für den Willen der Menschen einzutreten.

Selahattin Demirtaş ist der einzige Kandidat unter den Präsidentschaftskandidat*innen, der sich nicht in Freiheit befindet. Wie soll er unter diesen Umständen seinen Wahlkampf führen? Seine Verhaftung bedeutet nichts anderes als eine Schade für die Geschichte dieses Landes.

Ich habe bisher kein Gericht um meine Freilassung gebeten und werde es auch heute nicht tun. Doch ich fordere das Gericht auf, Selahattin Demirtaş freizulassen.  Die HDP ist die Schlüsselpartei für die Wahlen am 24. Juni. Es liegt an uns, das Schloss an der Tür zu einer strahlenden Zukunft für die Gesellschaft dieses Landes zu öffnen. Trotz der fast 5.000 inhaftierten HDP-Mitglieder werden wir einen starken Wahlkampf leisten. Wir, die Völker, die an dieses Land glauben, werden die Türe zu einer besseren Zukunft öffnen.“

Der nächste Verhandlungstermin wurde für den 6. Juli anberaumt.