Am 23. Juni hat eine türkische Killerdrohne drei Kurdinnen in Helîncê bei Kobanê getötet, am 25. Juni kamen zwei Menschen in der südkurdischen Ortschaft Kuna Masî ums Leben, neun Personen, darunter auch Kinder, wurden verletzt.
Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, hat die Bundesregierung nach ihrer Positionierung gegenüber der türkischen Regierung zum Drohnenangriff in Kobanê gefragt: „Wie hat sich die Bundesregierung gegenüber der Regierung in Ankara zu dem Drohnenangriff verhalten, den das türkische Militär und/oder der türkische Geheimdienst am 23. Juni 2020 in der von der Türkei besetzten kurdischen Autonomieregion Rojava in Syrien durchgeführt haben und bei dem drei Frauen, darunter auch Politikerinnen, ermordet wurden, und welche Schlussfolgerungen zieht sie auch hinsichtlich ihrer eigenen ‚Drohnendebatte‘ zur Beschaffung bewaffneter Bundeswehrdrohnen aus dem Vorfall, der nach meiner Ansicht die Notwendigkeit einer internationalen Drohnenkonvention zur Ächtung dieser ferngesteuerten Waffen unterstreicht?“
Bundesregierung: Keine eigenen Erkenntnisse
Im Namen der Bundesregierung antwortete Staatsminister Niels Annen (SPD): „Der Bundesregierung sind Berichte über einen türkischen Drohnenangriff am 23. Juni in von der Türkei kontrollierten Gebieten Nordsyriens bekannt. Eigene Erkenntnisse hierzu liegen ihr nicht vor.“
Die Bundesregierung stehe mit der türkischen Regierung in ständigem Austausch zur Lage in Syrien, einschließlich der türkischen Militäroperationen, heißt es weiter: „Sie hat gegenüber der Türkei dabei wiederholt deutlich gemacht, dass dem Schutz der Zivilbevölkerung und der Einhaltung des humanitären Völkerrechts herausragende Bedeutung zukommt. Es ist zudem die Grundhaltung der Bundesregierung, dass jeder Einsatz von Waffen im Rahmen der einschlägigen Regeln des Völkerrechts stattzufinden hat. Dazu gehören das völkerrechtliche Gewaltverbot und seine Ausnahmetatbestände sowie insbesondere im Rahmen bewaffneter Konflikte das humanitäre Völkerrecht.“ Die Bundesregierung trete für eine Einbeziehung bewaffneter unbemannter Luftfahrzeuge in internationale Abrüstungs- und Rüstungskontrollregime ein, so Niels Annen.
Hunko: Extralegale Hinrichtung
Andrej Hunko, der sich im Bundestag und im Europarat für eine Ächtung von Kampfdrohnen einsetzt, findet diese Reaktion unzureichend und erklärte gegenüber ANF: „Die extralegale Hinrichtung durch eine türkische Drohne in Rojava stellt ein weiteres Kriegsverbrechen der Türkei dar, das ich auf schärfste verurteile. Die völlig unkritische Reaktion der deutschen Bundesregierung auf diese grausame Tat reiht sich leider in ihre sonstige Politik gegenüber der Türkei ein. Anstatt angesichts wiederholter gravierender Verbrechen und Völkerrechtsbrüche die privilegierte Partnerschaft mit der Türkei zu beenden, hofiert sie das Erdogan-Regime und bindet es als ‚Türsteher' ein, um Geflüchtete von der EU fernzuhalten. So war der erste Empfang eines ausländischen Regierungsvertreters in der gerade begonnenen EU-Ratspräsidentschaft ein Besuch des türkischen Außenministers in Berlin. Der häufige Bezug der Bundesregierung auf die ‚regelbasierte Ordnung' und die Menschenrechte wird durch ihre Türkei-Politik als bloßes Gerede entlarvt. Der jüngste Drohnenmord verdeutlicht einmal mehr die dringende Notwendigkeit einer internationalen Konvention zur Ächtung von Kampfdrohnen."