Angesichts der humanitären Krise an Polens Grenze zu Belarus haben die HDP-Vorsitzenden Pervin Buldan und Mithat Sancar die Europäische Union aufgefordert, Menschenrechte durchzusetzen und Schutzsuchende aufzunehmen, statt auf militärische Abschottung zu setzen und damit die katastrophale Situation in der Region weiter zu verschärfen. „Wenn Europa glaubhaft als eine Union auftreten will, die ihr Handeln auf die Achtung der Menschenrechte und Menschenwürde gründet, muss es demonstrieren, dass es sich bei diesen Grundsätzen nicht nur um Parolen handelt”, heißt es in einem Brief von Buldan und Sancar an den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell.
Unabhängig von ihrem endgültigen Ziel dürfe es nicht passieren, dass die festsitzenden Hilfesuchenden ohne Nahrung, Wasser und angemessene Unterkunft bei niedrigen Temperaturen Leid erfahren müssen, fordern Buldan und Sancar. An der belarussisch-polnischen Grenze führt die europäische Abschottungspolitik aktuell zu einer Eskalation. Schon seit dem Sommer spielt sich in der Region eine humanitäre Krise ab, die sich in den letzten Wochen drastisch verschärft hat. In dem militarisierten Niemandsland zwischen Belarus und Polen sollen sich aktuell etwa 3.000 Menschen befinden, 500 von ihnen sind Kinder. Bei den meisten handelt es sich um Kurdinnen und Kurden aus dem Irak.
Die Lage der Hilfesuchenden ist katastrophal: Bisher hat es mindestens siebzehn dokumentierte Todesfälle unter den Geflüchteten gegeben – wegen Erfrierung oder Dehydrierung. Zwölf weitere Schutzsuchende gelten als vermisst. „Angesichts dessen mussten wir mit tiefer Trauer feststellen, dass europäische Regierungen ihre Armeen gegen Flüchtlinge in Marsch setzen, anstatt Nahrungsmittel und Decken zu verteilen. Wir fordern die EU-Mitgliedstaaten auf, die Werte Europas zu schützen und bedürftigen Menschen die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen. Verantwortliche Behörden müssen umgehend die Initiative ergreifen, um diese Krise so schnell wie möglich auf humanitäre Weise zu lösen”, so die Ko-Vorsitzenden der HDP. Das Schreiben wurde ebenso an den Generalsekretär sowie den Menschenrechtskommissar des Europarats, den Direktor der EU-Grundrechteagentur, an den UN-Flüchtlingskommissar sowie das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte geschickt.
Borrel will europäische Eingreiftruppe
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell strebt derweil eine europäische Eingreiftruppe an, die bis 2025 bis zu 5000 Soldaten umfassen soll. Sie ist Teil eines „strategischen Kompasses”, den Borrell diese Woche den Botschaftern der 27 Mitgliedsländer vorlegte. Sein Entwurf für ein neues sicherheitspolitisches Konzept der EU sieht vor, dass die neue Einheit bereits im kommenden Jahr beschlossen werden kann. Je nach Bedarf sollen neben Bodentruppen auch Luft- und Seestreitkräfte teilnehmen. Die EU-Außen- und Verteidigungsminister sollen am Montag in Brüssel über die Vorlage diskutieren.