Ein türkisches Gericht in der nordkurdischen Provinz Mêrdîn (Mardin) hat die Entlassung von Abt Sefer Aho Bileçen aus der Untersuchungshaft angeordnet. Der syrisch-orthodoxe Pfarrer der Mor-Yakup-Kirche war letzten Mittwoch in Nisêbîn (Nusaybin) festgenommen und einen Tag später mit dem Vorwurf der Terrorunterstützung verhaftet worden. Wie in vielen Terrorprozessen in der Türkei beruht die Anschuldigung auf den Aussagen eines vermeintlichen Kronzeugen, der sich davon Strafminderung verspricht: Bileçen hatte Guerillakämpfer mit Brot und Wasser versorgt.
Der Rechtsbeistand des Pfarrers hatte am Donnerstag Rechtsmittel gegen die Untersuchungshaft eingelegt. Heute entschied das Gericht, dass keine Annahme von Fluchtgefahr besteht und daher eine unzulässige Haftgrundvermutung vorliegt. Bileçen konnte das E-Typ-Gefängnis in Mêrdîns gleichnamiger Provinzhauptstadt am Abend verlassen.
Im Rahmen einer Konsultation mit einer Abordnung der Anwaltskammer Riha (Urfa) hat sich Abt Aho gestern zu den Terrorvorwürfen gegen ihn geäußert und erklärt, jederzeit wieder Menschen, die sich in Not befinden, zu helfen. Er tue dies nicht aus ideologischen Gründen oder für irgendeine Organisation, sondern aus religiöser und spiritueller Überzeugung.
Der Vorfall, der dem Pfarrer zum Vorwurf gemacht wird, ereignete sich im Jahr 2018. Damals sei er deshalb bereits mit der Kommandantur der örtlichen Militärpolizei in Konflikt geraten. Man habe dem Pfarrer nahegelegt, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, damit sich so etwas nicht wiederholt. „Die Sache wurde schließlich protokollarisch festgehalten. Ich ging davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist. Wer aber an meine Tür kommt, den weise ich nicht ab. Wenn jemand meine Hilfe benötigt, werde ich sie leisten“, sagte Bileçen. Wann Anklage gegen den Geistlichen erhoben wird, ist noch unklar.