Gericht: Maßnahmen gegen G20-Protestcamp waren rechtswidrig

Obwohl ein Protestcamp anlässlich des G20-Gipfels 2017 in Hamburg auf der Elbinsel Entenwerder laut Gericht stattfinden durfte, blockierte die Polizei den Zugang zum Gelände. Das war rechtswidrig, wie nun das VG Hamburg entschied.

Knapp fünf Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg hat das Verwaltungsgericht (VG) der Hansestadt Maßnahmen gegen ein Protestcamp für rechtswidrig erklärt. Die Polizei hätte den Zugang zur Halbinsel Entenwerder, wo am 2. Juli 2017 das Antikapitalistische Camp aufgebaut werden sollte, nicht absperren dürfen, teilte ein Sprecher des Gerichts am Donnerstag mit. Nach Auffassung der Richter:innen fiel das angemeldete Zeltlager in erheblichen Teilen unter das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Vor diesem Hintergrund seien das zunächst erlassene Verbot des Protestcamps und die spätere Untersagung von Schlafzelten, Duschen und Küchen rechtswidrig gewesen (Urt. v. 04.05.2022, Az. 21 K 264/18).

Die G20-Gegner:innen hatten ihr Camp ursprünglich im Hamburger Stadtpark aufbauen wollen. Das hatte das Bezirksamt Nord nicht erlaubt. Nach mehreren gerichtlichen Eilentscheidungen hatte das Bundesverfassungsgericht die Stadt verpflichtet, erneut über die Duldung des Camps zu befinden und es unter versammlungsrechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen. Daraufhin hatten die G20-Gegner:innen das Zeltlager auf der Halbinsel Entenwerder an der Norderelbe angemeldet.

Im Rahmen eines Eilverfahrens genehmigte das Hamburger Verwaltungsgericht dessen Errichtung dann vorläufig. Im weiteren Verlauf riegelte die Polizei das Gelände aber ab, die Versammlungsbehörde erließ zudem Beschränkungen. So verbot sie den Bau der Infrastruktur und das Aufstellen von Schlafzelten. In der Folge entfernte die Polizei Zelte. Es kam zu weiteren Eilverfahren vor dem Hamburger Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht. Dieses gestattete schließlich die Errichtung eines Camps mit maximal 300 Schlafzelten. Das wurde letztlich aber nicht mehr aufgebaut.

Erfolg von sozialen Bewegungen vor Gericht

Juristische Auseinandersetzungen um Protestcamps begleiten soziale Bewegungen in Deutschland schon länger. Erst im vergangenen Februar hatte das VG Hamburg das Verbot zweier Versammlungen im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel 2017 für rechtswidrig erklärt (Az. 3 K 1611/18). Ein Verbot wäre nur gerechtfertigt gewesen, wenn von den Versammlungen eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgegangen wäre, hatte das Gericht mitgeteilt. Dies sei nach Ansicht der zuständigen Kammer jedoch nicht erkennbar gewesen. Geklagt hatte die globalisierungskritische Organisation Attac. Beide Urteile des VG sind noch nicht rechtskräftig.

Auch die Klimagerechtigkeitsbewegung konnte einige Erfolge vor Gericht erzielen. So zum Beispiel im Verfahren um das Augsburger Klimacamp, das im März in der zweiten Instanz entschieden wurde. Damit war die Stadt Augsburg mit ihrer Sichtweise, dass es sich beim Klimacamp um keine vom Grundgesetz geschützte Demonstration handle, erneut gescheitert.

Ebenso kann die antimilitaristische Bewegung auf juristische Erfolge im Zusammenhang mit Protestcamps blicken. 2018 setzte sich das Bündnis „Rheinmetall entwaffnen“ gegen ein Schlafverbot auf dem Gelände eines Friedenscamps in Unterlüß durch. Als zuständige Versammlungsbehörde hatte der Landkreis Celle den Teilnehmenden die Übernachtung auf dem Dorfplatz verboten. Rheinmetall entwaffnen zog vor das Verwaltungsgericht Lüneburg und siegte auf ganzer Linie. Denn die Richter kippten mit einer einstweiligen Anordnung auch andere Auflagen des Landkreises Celle – wie etwa ein Alkoholverbot und das Verbot von Hunden im Protestcamp.

Titelfoto: https://g20camp.noblogs.org/