Von G20 bis Unterlüß: Schlafen verboten

Am Rheinmetall-Produktionsstandort Unterlüß beginnt ab nächstem Mittwoch ein einwöchiges Protestcamp gegen Krieg und Rüstungsexporte. Wie bereits beim G20 2017 in Hamburg wollen die Behörden jedoch das Schlafen verbieten.

Ab der kommenden Woche werden Aktivist*innen in Unterlüß ein Protestcamp aufschlagen und damit gegen Krieg, Rüstungsproduktion & Rüstungsexporte demonstrieren.

Vorgestern bestätigte das Verwaltungsgericht Lüneburg die Beschlüsse vom Landkreis Celle und der Gemeinde Unterlüß, die das Schlafen auf dem Campgelände untersagen. „Das ist ein Angriff auf unser Grundrecht zu demonstrieren“, empört sich der Pressesprecher vom Bündnis „Rheinmetall entwaffnen“ Matthias Gerhard. Wenn Friedensaktivist*innen eine Woche in Unterlüß demonstrieren wollen, ist schlafen auf dem Boden der Gemeinde scheinbar zu viel verlangt. Im Gegensatz dazu stellen die Gemeinde und der Landkreis dem Waffenhersteller Rheinmetall seit über 100 Jahren Infrastruktur zu Verfügung und das Kriegsgerät wird auf den Unterlüßer Straßen transportiert.

„Wie soll das funktionieren?“ fragt Matthias Gerhard, „es ist unmöglich eine Woche lang zu demonstrieren, ohne sich auszuruhen. Es gibt also einen offensichtlichen Zusammenhang zwischen unserer Versammlung und der Notwendigkeit zu schlafen. Darum haben wir von Beginn an in unserer Veranstaltung Schlafmöglichkeiten vorgesehen. Die Behörden handeln politisch und hoffen, dass durch die Einschränkungen die Leute wegbleiben.“

Waffenproduktion ein lokales Problem?

Doch das wird nicht passieren. Die Proteste sind lange geplant und eine große Zahl an Organisationen und Personen tragen die Aktionen. Von Antimilitarist*innen über Gewerkschafter*innen, Friedensinitiativen, kurdischen Organisationen bis zu Parteien und kirchlichen Initiativen reicht die Liste der Unterstützenden. Für sie alle ist klar, dass es auch am Rheinmetall-Produktionsstandort Unterlüß Proteste geben muss, solange die Waffen von Rheinmetall in aller Welt in Kriegen töten.

Der Hinweis der Behörden, die Demonstrant*innen könnten ebenso gut auf einem gut sechs Kilometer entfernten Campingplatz unterkommen, erübrigt sich schon nach einer kurzen Nachfrage beim Betreiber. Man habe Geschäftsbeziehungen mit der Firma Rheinmetall und werde die Demonstrant*innen nicht aufnehmen – als zahlende Gäste wohlgemerkt.

Das Bündnis „Rheinmetall entwaffnen“ fragt sich grundsätzlich, wie das Verwaltungsgericht Lüneburg zu seinen Beurteilungen kommt. So bestünde zum Beispiel kein „überörtlicher Anlass“ für die Versammlung. „Wenn der Export von Waffen von einem Gericht als ein lokales Problem bewertet wird, ist dies ein Anlass mehr zu protestieren“ so der Pressesprecher.

Von den Behörden wird kooperative Klärung erwartet

Das Bündnis „Rheinmetall entwaffnen“ fordert nun ein rasches Einlenken der Behörden. Der Landkreis als Versammlungsbehörde könnte verfügen, dass die Schlafzelte wie angemeldet Teil der Versammlung sind. Wenn es tatsächlich wichtige Gründe gegen das Schlafen auf dem Dorfplatz gibt, könnten der Versammlung alternative Schlafplätze angeboten werden. So gibt es zum Beispiel neben dem Hallenbad eine Fläche für Wohnmobile, die unkompliziert nutzbar wäre.

In den letzten Jahren wurden bereits mehrfach Protestcamps verboten, beispielsweise zum G20-Gipfel in Hamburg. Im Stadtteil Entenwerder räumte die Polizei sogar ein zuvor gerichtlich genehmigtes Camp. Das Bündnis „Rheinmetall entwaffnen“ erwartet von den Behörden eine kooperative Klärung im Vorfeld.