Frankfurter Grüne laden Kurden vom Neujahrsempfang aus

Die Frankfurter Grünen haben kürzlich zum Neujahrsempfang geladen. Haci Hacioglu stand auf der Gästeliste, wurde von OB-Kandidatin Rottmann persönlich eingeladen. Doch der Kreisverband lud ihn wieder aus. Politische Differenzen?

Das Palais Frankfurt gilt als gehobene Eventlocation in der Mainmetropole. Dort kamen letzten Donnerstag gut 500 Gäste aus der Frankfurter Stadtgesellschaft zum Neujahrsempfang der Grünen zusammen. Die Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann nutzte die Veranstaltung, um den Auftakt für ihren Wahlkampf um das Oberbürgermeisteramt zu geben. Einer, der eigentlich dabei sein sollte, ist Haci Hacioglu. Der Kurde, der stellvertretender Vorsitzende des Sportkreises Frankfurt und Mitglied der Liste Mezopotamya in der Kommunalen Ausländervertretung ist, war von OB-Kandidatin Rottmann persönlich zum Neujahrsempfang eingeladen worden. Doch der Kreisverband der Frankfurter Grünen lud Hacioglu wieder aus. „Begründet wurde dies mit angeblich fehlendem Platz“, erklärt Ercan Ayboğa vom Kurdischen Gesellschaftszentrum Frankfurt. Komisch nur, dass andere Mitglieder des Sportkreises nicht wieder ausgeladen wurden.

Quittung für Kritik?

Organisatorisches Missgeschick, könnte man meinen. Wäre Hacioglu vom Kreisverband der Grünen nicht unterstellt worden, er hätte sich die Einladung erschlichen. „Die Einladung von Frau Rottmann war jedoch persönlich an ihn adressiert. Daher handelt es sich um eine fadenscheinige Begründung, mit der die eigentlichen Motive verschleiert werden sollen: politische Differenzen“, meint Ayboğa. Der Aktivist glaubt, dass Hacioglu eine Quittung für seine Kritik an der grünen Außenpolitik und der Tolerierung von „Grauen Wölfen“ in den Reihen der Grünen erhalten hat.

Um was geht es?

Anlässlich einer Resolution, mit der die Stadtverordnetenversammlung Frankfurt im Sommer letzten Jahres den völkerrechtswidrigen Krieg der Türkei gegen die Kurdinnen und Kurden in Nordsyrien verurteilen sollte, wurde Kritik an der Außenpolitik der Grünen laut. Es fanden Gespräche zwischen Vertreter:innen des Kurdischen Gesellschaftszentrums, des Vereins Städtefreundschaft Frankfurt-Kobanê und dem Vorstand der Frankfurter Grünen statt. Die Resolution scheiterte zwar am Veto des Koalitionspartners FDP, aber auch die Grünen hatten sie im Vorfeld lange blockiert. Das wurde von der kurdischen Gemeinschaft als äußerst ignorant empfunden.

Problem mit öffentlichem Druck?

Unverständnis herrschte auch wegen der nur schwer auszuhaltenden Politik der Doppelmoral der Bundesregierung, die von den Grünen wesentlich mitgetragen wird. Während Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu Recht schnell verurteilt und sanktioniert wurde, wird die türkische Aggression gegen Kurd:innen ignoriert. Das nahm die Initiative „Defend Kurdistan“ zum Anlass, zu protestieren. Bundesweit wurden Büros der Grünen besetzt, Dossiers übergeben, Veranstaltungen „gestört“. Es waren nicht nur diese Aktionen und Proteste, die bei der kurdischen Community und solidarischen Kreisen auf ein breites Echo stießen. Gerade auch das Verhalten der Grünen sorgte für mediales Interesse – und für öffentlichen Druck. „Dafür macht der Frankfurter Kreisverband der grünen Partei ganz offensichtlich Haci Hacioglu persönlich verantwortlich“, meint Ercan Ayboğa. „Warum sonst wurde er von ihrem Neujahrsempfang wieder ausgeladen?“

Als Angehöriger der kurdischen Gemeinschaft ausgegrenzt

Das Kurdische Gesellschaftszentrum ist sich sicher: Hacioglu wurde nicht als Mitglied des Sportkreises, sondern als Angehöriger der kurdischen Gemeinschaft ausgegrenzt. „Dass eine demokratische Partei so schlecht mit Kritik umgehen kann, spricht nicht gerade für ihre politische Kultur und Zivilisiertheit. Die Diskriminierungspolitik gegenüber Kurdinnen und Kurden in dieser Stadt werden wir nicht hinnehmen“, sagt Ayboğa. Und er betont: Auch Kritik der Liste Mezopotamya hinsichtlich dessen, dass die Frankfurter Grünen in ihren Reihen Politiker duldeten, die der faschistischen Organisation „Graue Wölfe“ nahestehen sollen, könnte ein Grund für den herabwürdigenden Umgang mit Hacioglu sein. Einer davon sei sogar zum Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Freund:innen des Jüdischen Lebens des grünen Kreisverbands Frankfurt gemacht worden. „Das finden wir äußerst verstörend“, sagt Ayboğa.