Unter dem Motto „Gerechtigkeit für Georgios und alle anderen Opfer staatlicher Gewalt“ ruft das NRW-weite Bündnis „Forum gegen Polizeigewalt und Repression“ am Samstag, den 29. Januar zu einer Demonstration in Wuppertal auf. Auftakt ist um 13 Uhr am Döppersberg vor dem Wuppertaler Hauptbahnhof. Von dort aus wird es einen Demonstrationszug durch die Innenstadt und Elberfeld zum Landgericht auf dem Eiland geben. Auch an der Polizeiwache Hofkamp und vor der Staatsanwaltschaft sind Zwischenkundgebungen geplant. Dann geht es wieder zurück zum Hauptbahnhof, wo eine Abschlusskundgebung stattfinden wird.
Anlass der Demonstration ist der Tod von Georgios Zantiotis, der im November 2021, nach einer brutalen Festnahme, in Wuppertaler Polizeigewahrsam starb. Polizei und Staatsanwaltschaft verschwiegen den Todesfall fast eine Woche lang und waren, erst nachdem der Fall in Griechenland Wellen schlug und auch in Deutschland Journalist:innen recherchierten, zu einer Bekanntgabe gezwungen. Anstatt für eine transparente Untersuchung der Todesumstände zu sorgen, verschwieg Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert den Vorfall zunächst. Später sagte er dazu: „Das habe ich entschieden. Es handelte sich um eine natürliche Todesursache. Ich habe das nicht für berichtenswert gehalten.“
Diese Herangehensweise hält Bündnissprecherin Laura Holzmann für einen Skandal: „Da stirbt ein Mensch in Polizeigewahrsam und die zuständigen Behörden bescheinigen sich selbst ihre Unschuld, kehren den Fall unter den Teppich und gehen zur Tagesordnung über. Man könnte meinen, die weltweite Debatte um unrechtmäßige Polizeigewalt nach dem Tod von George Floyd hätte gar nicht stattgefunden.“ Die nachgeschobene Begründung von Baumert, er habe die Familie des Opfers schützen wollen, indem er das Thema der Öffentlichkeit verschweigt, hält das Bündnis für zynisch. Holzmann: „Dabei ging es der Staatsanwaltschaft wohl eher darum, die eigenen Polizeibeamt:innen aus der Kritik zu nehmen.“
Diese Kritik wird dennoch in letzter Zeit zunehmend laut, ist Georgios doch bereits der dritte Mensch in den letzten gut zwei Jahren, der im Zusammenhang mit der Wuppertaler Polizei zu Tode gekommen ist. Zuvor waren Ende 2019 Max und im Sommer 2021 Alexander von Wuppertaler Polizisten erschossen worden. Die angemeldete Demonstration richtet sich also auch gegen die Arbeit von Polizeipräsident Röhrl, unter dessen Führung sich Todesfälle sowie eine Vielzahl von gewalttätigen Einsätzen, sowohl im Alltag als auch bei politischen Veranstaltungen, häufen.
Auch in anderen Städten in NRW beobachtet und kritisiert das Bündnis „Forum gegen Polizeigewalt und Repression“ gewalttätige Polizeieinsätze und ihre teils fatalen Folgen. Im Dezember 2021 starben in Köln und Düsseldorf zwei junge Männer in Polizeigewahrsam. In Essen starben 2019 und 2017 Adel B. und Michael H. durch Polizeischüsse, und das sind nur einige exemplarisch genannte Todesfälle der letzten Jahre. Laura Holzmann dazu: „Wir beobachten eine beängstigende Zunahme von tödlichem Schusswaffengebrauch durch die Polizei in NRW.“
Das Bündnis sieht hier auch NRW-Innenminister Herbert Reul in der Verantwortung, der mit dem Vertreten einer robusten Law and Order Politik und der schwarz-weiß malenden Stigmatisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen wie z.B. sogenannter Clans zu einem aufgeladenen Klima unter seinen Beamt:innen beiträgt. Die Tatsache, dass sich NRW-weit hunderte dieser Beamt:innen in rechten Chatgruppen herumtreiben, trägt nicht dazu bei, das Vertrauen in die Institution Polizei zu vergrößern. „Wir erkennen strukturelle Probleme mit rechtem Gedankengut, Rassismus, Sexismus und Gewaltaffinität bei der Polizei. Diese werden von Politik und Behörden nach wie vor geleugnet, und auf Einzelfälle runtergespielt. Anstatt wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen, erhält die Polizei durch veränderte Polizei- und Versammlungsgesetze immer mehr Repressionsspielraum“, sagt Laura Holzmann. Für den Alltag kommt sie deshalb zu folgender Schlussfolgerung: „Wir fordern die Menschen auf in Konfliktsituationen nicht mehr einfach die Polizei zu rufen. Die Konsequenzen für Beteiligte und Umstehende sind nicht absehbar und viel zu oft verheerend. Wir sollten vielmehr nach anderen Möglichkeiten suchen, auftretende Konflikte zu entschärfen.“
Das seit zwei Jahren bestehende Bündnis veranstaltete bereits 2020 und 2021 Demonstrationen in Leichlingen, Essen und Duisburg. Es solidarisiert sich mit den vielen Betroffenen von staatlicher Gewalt und Repression und will die unterschiedlichen Perspektiven verbinden und auf die Straße bringen. Deshalb nun der Aufruf zu einer kraftvollen gemeinsamen Demonstration am 29. Januar in Wuppertal.
(PM)