Filmvorführung in Celle: „Shared solidarity and hidden resistance“

Der Arbeitskreis Internationalismus Celle hat den Film „Shared solidarity and hidden resistance“ gezeigt. Der Film gibt Einblicke in die Realität in den Wäldern zwischen Belarus und Polen für Menschen auf der Flucht.

Wir trafen uns, um einander zu helfen, uns bereit zu machen: packten unsere Rucksäcke, bereiteten Essen vor, Medizin, nützliche Dinge, die du nicht mehr bekommst, wenn du erst mal im Wald bist. Es ist pure Wildnis. So halfen wir uns, und gingen in die Rote Zone. Durch all diese Schwierigkeiten gingen wir gemeinsam.“

Am Mittwoch zeigte der Arbeitskreis Internationalismus Celle den Film „Shared solidarity and hidden resistance“ (Geteilte Solidarität und versteckter Widerstand) im Bunten Haus, einem soziokulturellen Zentrum in Celle. Der Film gibt Einblicke in die grausame Realität in den Wäldern zwischen Belarus und Polen für Menschen auf der Flucht. Aber er zeigt ebenso die gegenseitige Solidarität, mit der sie das Leben verteidigen.

Mit der Hoffnung auf eine versprochene einfache Fluchtroute nach Europa kamen seit 2021 viele Menschen nach Belarus. Doch Europas östliche Außengrenze besteht aus Wäldern, Flüssen und Sumpfgebieten mit Stacheldraht und überwachten Grenzanlagen. Sobald die Menschen dort angekommen sind, versperren belarussische Soldaten ihnen den Rückweg aus dem Grenzgebiet. Wenn sie es auf die andere Seite geschafft haben, jagen polnische Soldaten und Milizen die Menschen gewaltsam zurück über die Grenze. Diese sogenannten „Pushbacks“ sind illegal. Viele Menschen erfrieren oder ziehen sich schwere Verletzungen zu, weil sie wochenlang bei Minusgraden in den Wäldern ausharren müssen. Es gibt keine Informationen, für wie viele Menschen die Flucht tödlich endete, da kein Staat Untersuchungen dazu durchführt. Auch medizinische Unterstützung gibt es von den Militärs keine.

Gegenseitige Hilfe auf der Flucht

Die Menschen in den Wäldern kommen aus verschiedenen Teilen der Erde und haben unterschiedlichste Biografien und Beweggründe, warum sie sich auf den Weg nach Europa machen. In den Wäldern teilen sie jedoch die selbe Situation und unterstützen sich in der lebensbedrohlichen Situation gegenseitig. Ein Geflüchteter berichtet: „Wenn ich einen Schwachen in der Gruppe sah, unterstützte ich ihn. Immer wenn ich jemandem half, gab das ein gutes Gefühl.[...] Ich sagte ihnen: „Hab keine Angst, bleibt stark“, solche Sachen. Denn jede:r hat einen Traum, und zurückkehren war keine Option. Du hast es bis hierhin geschafft und das Scheitern der Rückkehr wäre wirklich zu hart.“

Europa verschließt die Augen

Diese Szenen geschehen mit vollem Wissen europäischer und weiterer involvierter Staaten. Die Flüchtenden werden faktisch zu Menschen zweiter Klasse deklariert, denen das Recht auf Bewegungsfreiheit genommen wird – im Kontrast zu Menschen aus der EU und der Ukraine. Doch ein Einlenken gibt es nicht. Stattdessen werden die „Pushbacks“ fortgeführt und Grenzanlagen weiter ausgebaut. Ebenso geht der Staat hart gegen Anwohner:innen und Aktivist:innen vor, die in die Wälder gehen, um die Menschen mit Wasser oder Lebensmitteln zu unterstützen oder ihnen Unterschlupf gewähren. Mehrere Personen wurden inzwischen vom polnischen Staat inhaftiert – ihnen drohen bis zu acht Jahren Haft. Menschen auf der Flucht werden oft noch weit im Landesinneren festgehalten und zurück über die Grenze abgeschoben oder inhaftiert.

Weitere Grenzen innerhalb Europas

Im Gespräch nach dem Film wurde betont, wie oft vergessen wird, dass der Außengrenze Europas noch weitere Grenzen folgen. Werden die Menschen auf der Überfahrt kontrolliert, müssen sie nach Polen zurückkehren, wo erneut eine schnelle Abschiebung droht. Darum sei auch die Lage an der Grenze zwischen Polen und Deutschland sehr gefährlich. Da die Straßen nach Deutschland viel überwacht werden, überqueren viele Menschen die Oder und das sumpfige Umland schwimmend und zu Fuß.

Was tun?

Neben Spenden für Unterstützungsstrukturen wurden im Anschlussgespräch auch weitere Möglichkeiten angesprochen, hier aktiv zu sein. So sei es zum Beispiel wichtig, dem rassistischen Diskurs etwas entgegenzusetzen, der zwischen den scheinbar „richtigen“ und „falschen Migranten“ unterscheidet, egal ob auf der Arbeit, in der Öffentlichkeit oder in der Familie. Da die Fluchtgründe oft verbunden sind mit dem Handeln kapitalistischer Akteure aus der BRD, können wir auch hier gegen diese aktiv werden. Ganz egal ob es Rüstungsfirmen sind, die ihre Waffen weltweit in Kriegsgebiete verkaufen oder Konzerne, die mit der Ausbeutung der Natur die Lebensgrundlage von Menschen zerstören.

Da es tödliche Grenzen gibt, solange das kapitalistische Patriarchat existiert, ist der internationalistische Kampf für eine befreite Welt zugleich auch immer ein Beitrag gegen die tödliche Gewalt an Europas Grenzen, hieß es ermutigend zum Veranstaltungsende.

Mehr Informationen gibt es unter : https://fightfortresseurope.noblogs.org/about-the-tour/ und https://nobordersteam.noblogs.org/

Titelbild: Henning Müller