Europarat: Situation in der Türkei hat sich nicht verbessert

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat eine Resolution zur Repression gegen die Opposition in der Türkei verabschiedet. Erwähnung findet auch die Isolation Abdullah Öcalans.

Der Ständige Ausschuss hat im Namen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates am 23. Oktober 2020 die Resolution des Ausschusses für die Einhaltung der Verpflichtungen und Zusagen der Mitgliedstaaten über die Repression gegen die zivile und politische Opposition in der Türkei bestätigt. Abgelehnt wurde der auf dem Bericht der Türkei-Berichterstatter Thomas Hammarberg und John Howell erstellte Resolutionstext nur von Aserbaidschan.

An der zweitägigen Debatte nahmen auch die außenpolitischen Sprecher*innen der HDP, Feleknas Uca und Hişyar Özsoy, online teil.

In der Resolution wird festgestellt, dass sich die Gesamtsituation in der Türkei seit der Dringlichkeitsdebatte der Parlamentarischen Versammlung im Januar 2019 zum Thema „Die sich verschlechternde Situation der Oppositionspolitiker in der Türkei: Was kann getan werden, um ihre Grundrechte in einem Mitgliedsstaat des Europarates zu schützen?“ nicht verbessert hat:

„In den vergangenen Monaten kam es zu neuen Razzien gegen die politische Opposition und den zivilen Dissens, was die Versammlung scharf verurteilt. Die Ermittlungen und Strafverfolgungen richteten sich gegen Kommunalpolitiker, Mitglieder und ehemalige Abgeordnete des Parlaments, Mitglieder der oppositionellen politischen Parteien und Rechtsanwälte. Während der Bewältigung der Covid-19-Pandemie wurde weiterhin unangemessener Druck auf Journalisten, Aktivisten der Zivilgesellschaft und andere gesellschaftliche Gruppen, wie z.B. Ärzte, ausgeübt. Solche Razzien haben auch eine bedauerliche abschreckende Wirkung auf die Teilnahme von Frauen am politischen und gesellschaftlichen Leben. Diese ungünstigen Entwicklungen müssen im breiteren Kontext der Verschlechterung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten betrachtet werden, die 2017 zur Wiederaufnahme des Überwachungsverfahrens für die Türkei führte. Zu den Themen, die in der Resolution 2156 (2017) der Versammlung als besorgniserregend bezeichnet wurden, gehörten wiederholte Verletzungen der Meinungs- und Medienfreiheit, die Inhaftierung von Parlamentariern und Journalisten, die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz, die Lage im Südosten der Türkei und die Fragen der Gewaltenteilung und der gegenseitigen Kontrolle, die zu einer ernsthaften Verschlechterung der Funktionsweise der demokratischen Institutionen geführt hatten.“

Die Versammlung fordert die türkischen Behörden auf, die Wurzeln der Probleme ernsthaft anzugehen und ihren Verpflichtungen gegenüber dem Europarat nachzukommen. Auch die „außenpolitischen Maßnahmen der Türkei einschließlich militärischer Operationen“ seien bedenklich hinsichtlich der Übereinstimmung mit den Verpflichtungen des Europarates. Beschlossen wurde daher, diese Frage in ihre nächsten Berichte als Teil des Überwachungsverfahrens aufzunehmen.

Abdullah Öcalan und die Gefängnisse in der Türkei

Zur Situation Abdullah Öcalans heißt es in der Resolution:

„Die Versammlung ist zutiefst besorgt über glaubwürdige Anschuldigungen von Folterungen in Polizei- und Haftanstalten und erwartet von den türkischen Behörden eine rasche Reaktion auf diese Anschuldigungen. Die Versammlung begrüßt die Veröffentlichung von zwei Berichten, die 2017 und 2019 vom Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) erstellt wurden, im August 2020 und wiederholt ihre Forderung an die türkischen Behörden, diese ohne weitere Verzögerung zu genehmigen, die Veröffentlichung des CPT-Berichts 2016 und die Umsetzung aller verbleibenden CPT-Empfehlungen, einschließlich derjenigen, die sich auf die Situation von Herrn Abdullah Öcalan und anderen Gefangenen beziehen, die weiterhin von Kontakten zur Außenwelt abgeschnitten sind, in dem bereits in der Resolution 2260 (2019) genannten geschlossenen Hochsicherheitsgefängnis vom Typ F İmralı.“

Repression gegen die HDP

Zur Repression gegen die Demokratische Partei der Völker (HDP) stellt die Resolution fest, dass die 2019 bemängelten Rechtsverletzungen nicht aufgehoben wurden. Die Absetzung von 48 der gewählten 65 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie ihre Ersetzung durch von der Regierung ernannte Treuhänder wird scharf verurteilt. Dieses Vorgehen stehe im Widerspruch zur Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung. „Darüber hinaus verurteilt die Versammlung die jüngsten Massenhaftbefehle, die gegen HDP-Mitglieder, einschließlich der Mitbürgermeister von Kars und ehemaliger Abgeordneter, wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an der Gewalt der Kobane-Proteste vom Oktober 2014 erlassen wurden“, so die Resolution.

Selahattin Demirtaş und Osman Kavala

Zu dem ehemaligen HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş und dem Bürgerrechtler und Kulturmäzen Osman Kavala stellt die Resolution fest, dass die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) nicht umgesetzt wurden: „Die Versammlung fordert die türkischen Behörden auf, beide Urteile vollständig umzusetzen. Sie fordert die Türkei ferner nachdrücklich auf, in Übereinstimmung mit den Beschlüssen des Ministerkomitees vom 1. und 29. September 2020 Osman Kavala unverzüglich freizulassen und die gegen ihn erhobenen neuen Anklagen, die auf gerichtliche Schikanen hinauslaufen, fallen zu lassen.“