Einreisevisa für Erdbebenopfer – Offenbarung der Hinterhältigkeit

Was vom Auswärtigen Amt schamlos als „vereinfachtes, pragmatisches Visumverfahren“ für Erdbebenopfer propagiert wird, offenbart die Hinterhältigkeit der Ampelpolitik. Dass es auch anderes gehen kann, beweisen die Regelungen für ukrainische Geflüchtete.

Außenministerin Annalena Baerbock und Innenministerin Nancy Faeser versprachen, nach der Erdbebenkatastrophe in Kurdistan, der Türkei und Syrien Wege zu finden, damit Familien ihre Verwandten schnell nach Deutschland holen können. Auf dem Portal des Auswärtigen Amtes wurden nun Details veröffentlicht. Sie nennen es „vereinfachtes, pragmatisches Visumverfahren“, das (ausschließlich) für türkische Staatsangehörige gilt.

Wer ein „Erdbeben-Visum“ bekommen will, muss Angehöriger 1. oder 2. Grades von deutschen Staatsangehörigen oder von einer Person mit einem dauerhaften deutschen Aufenthaltstitel sein. In Frage kommen also nur Eltern, Kinder, Großeltern, Enkelkinder, Geschwister.

Der Angehörige in Deutschland muss dann eine Verpflichtungserklärung nach §§ 66-68 Aufenthaltsgesetz beim zuständigen deutschen Ausländeramt abgeben. Das bedeutet, dass er für alle entstehenden Kosten für seine Verwandten aufkommt – einschließlich eventueller Krankenbehandlung und „Rückführung in das Heimatland“.

Ferner muss man zum Zeitpunkt des Erdbebens in einer der betroffenen Provinzen gewohnt haben und „nachvollziehbar individuell vom Erdbeben besonders betroffen“ sein, zum Beispiel durch drohende Obdachlosigkeit oder behandlungsbedürftige Verletzungen.

Allein diese Bestimmungen zur Anspruchsberechtigung schränken den Personenkreis erheblich ein. Ausgeschlossen sind zum Beispiel alle Syrer:innen oder Menschen, die keinen dauerhaften Aufenthaltstitel in Deutschland haben.

Wer diese Voraussetzungen erfüllt, kann sich nun bei iDATA melden. Dieser Dienstleister ist alleine für die Beantragung der Visa zuständig. Dazu müssen dann eine Reihe von Unterlagen eingereicht werden:

  • das Antragsformular

  • ein gültiger türkischer Pass

  • der Nachweis einer Krankenversicherung

  • ein biometrisches Foto

  • die Verpflichtungserklärung

  • die Kopie des Personalausweises oder Reisepasses und des Aufenthaltstitels der einladenden Person

  • ein Wohnsitznachweis, der den Wohnsitz im Erdbebengebiet nachweist

  • ein Verwandtschaftsnachweis

  • eine kurze, schriftliche Schilderung der Notlage

  • Bei Minderjährigen: Unterschriften / notariell beglaubigte Zustimmung beider Eltern bzw. Nachweis der Alleinsorge oder der vorübergehenden Personensorge

Nur mit all diesen Dokumenten sei eine Bearbeitung des Antrags auf ein kostenfreies „erleichtertes“ Visum möglich, heißt es auf der Seite des Auswärtigen Amtes.

Immerhin wurde vorhergesehen, dass jemand, der nachts aus seinem einstürzenden Haus flieht, vielleicht nicht daran denkt, seinen Pass einzupacken – sollte er einen solchen überhaupt besitzen. Liegt kein Ausweisdokument vor, „stimmt sich das Auswärtige Amt mit türkischen Behörden ab. Die Kooperation türkischer Behörden ist für die Ausreise des genannten Personenkreises unerlässlich.“ Wie lange dies dauert und was das für die Betroffenen im Einzelnen bedeutet, mag man sich nicht vorstellen. Auch wie die Visa-Antragssteller inmitten der Trümmerwüste ihrer Städte ein biometrisches Foto organisieren oder ein funktionstüchtiges Kopiergerät finden sollen, bleiben offene Fragen.

Das, was die deutsche Politik als unbürokratische und schnelle Hilfe verspricht, erweist sich im Detail als weltfremdes, bürokratisches Monstrum, das keinen Bezug zur Wirklichkeit hat. Es scheint, als wolle man einerseits die kurdisch- und türkisch-stämmige Community beschwichtigen, die Angehörige aus der Apokalypse holen und ihnen eine Zeit des Durchatmens verschaffen will. Andererseits sollen die Rechtspopulisten und Faschisten hierzulande beschwichtigt werden durch Auflagen, die dem deutschen Ruf nach „Recht und Ordnung“ genügen und nahezu unerfüllbar sind. Was schamlos als „vereinfachtes, pragmatisches Visumverfahren“ propagiert wird, offenbart die Hinterhältigkeit der derzeitigen Ampelpolitik. Dass es auch anderes und tatsächlich unbürokratisch gehen kann, beweisen die Regelungen, die für ukrainische Geflüchtete gelten.