Die islamistische „Einheitsregierung“ und ihre türkischen Alliierten setzen auf eine Eskalation des Libyenkriegs. Nachdem die „Einheitsregierung“ von Ägypten vermittelte Angebote für Friedensverhandlungen mit der Libyschen Nationalregierung und dem Parlament in Tobruk abgelehnt hat, rückt nach Angaben des Sprechers der Libyschen Nationalarmee (LNA), Ahmed al-Mismari, ein Konglomerat aus von der Türkei ins Land gebrachten Söldnern, türkischen Soldaten und Milizionären der „Einheitsregierung“ nach Westen auf Sirte und al-Dschufra vor. Al-Mismari warnt vor einer massiven Eskalation, die bereits in den nächsten Stunden möglich sei. Die Angaben al-Mismaris werden durch Aussagen des Sprechers der Milizen der Muslimbruderregierung, Muhammad Qanunu, gestützt. Er kündigte an, die Ölstädte Sirte und al-Dschufra zu erobern. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte vergangenen Monat bereits gewarnt, dass ein Angriff der „Einheitsregierung“ auf die strategisch wichtige Küstenstadt Sirte eine „rote Linie“ darstelle. Somit ist eine direkte ägyptische Intervention wahrscheinlicher geworden.
Parlament in Tobruk bittet Ägypten um Militäreinsatz
Ägypten stellt die größte Militärmacht in Nordafrika dar und steht politisch der LNA und der Regierung in Tobruk nahe. Das autoritäre, vom Militär geprägte Sisi-Regime hatte sich als säkulare Alternative zur mindestens ebenso brutalen Herrschaft der Muslimbrüder unter Mohammed Mursi durchgesetzt. Mursi wurde massiv von Erdoğan gestützt. Er wurde dafür in Ägypten als Anführer der islamischen Welt gefeiert. Der Sturz Mursis stellte einen schweren Schlag für Erdoğans neoosmanische Pläne dar. Damit steht Ägypten den Interessen der Türkei direkt im Weg. Sie versucht daher, über eine Stärkung der Muslimbruderschaft in Nordafrika an Einfluss auch in Ägypten zu gewinnen und dort erneut ein loyales Islamistenregime zu installieren. Das Ägypten und Russland näherstehende Parlament in Tobruk rief nun Ägypten um Hilfe an und erklärte, die ägyptischen Streitkräfte hätten das Recht, im benachbarten Libyen einzugreifen, wenn sie „eine unmittelbare Gefahr für die Sicherheit“ sähen. Die Türkei sei in Libyen militärisch „eingedrungen“ und habe damit das Land „besetzt“, dadurch werde auch Ägypten bedroht.