„Dialoge mit Öcalan“ – Sonderveranstaltung im politischen Montagssalon

Am Montagabend hat die Sonderveranstaltung „Dialoge mit Öcalan“ im Berliner Café Morgenrot mit der Juristin Anya Lean über die Situation der Totalisolation von Abdullah Öcalan und seiner Mitgefangenen stattgefunden.

Bei der monatlichen Veranstaltung der Berliner Reihe „Dialoge mit Öcalan“, bei welcher die Berliner Juristin Anya Lean über die Situation der Totalisolation Abdullah Öcalans und seiner Mitgefangenen sprach, fanden sich am Montagabend knapp 40 interessierte Menschen im Café Morgenrot ein.

Anya Lean war Teil einer Delegation von Jurist:innen, Journalist:innen und Akademiker:innen, die sich vom 24.–29. Januar in der Türkei und Kurdistan aufhielt. An der Delegation haben 36 Personen aus sieben verschiedenen Ländern teilgenommen, die sich in Istanbul, Ankara und Amed mit verschiedenen Menschen, Jurist:innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen trafen und austauschten. Neben den Besuchen von Teilen der Delegation in Ankara und Istanbul, welche vorwiegend einen juristischen und journalistischen Schwerpunkt hatten, traf sich ein Teil der Jurist:innen in Amed (tr. Diyarbakir) mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Angehörigen von Betroffenen des türkischen Gefängnis-Regimes. So berichtete Anya Lean über Gespräche mit den Friedensmüttern, welche sich seit den 1990er Jahren als Angehörige von Gefallenen und politischen Inhaftierten für den Frieden einsetzen. Ebenso hat laut der Referentin ein Treffen mit Faike Aktaş, Mutter von Veysi Aktaş, stattgefunden, einem der Mitgefangenen Abdullah Öcalans, dem aufgrund der Isolation nicht einmal die Nachricht über den Tod seines Vater überbracht werden konnte.

Kein Lebenszeichen von Abdullah Öcalan

Wie die Referentin unterstrich, gelangt seit fast zwei Jahren kein Lebenszeichen Abdullah Öcalans an die Öffentlichkeit und der türkische Staat blockiert weiterhin sämtliche juristische Bemühungen. So wurden von mehr als 1000 Anwält:innen aus über 20 Ländern Anträge auf Besuch von Abdullah Öcalan gestellt, welche vom Justizministerium schlichtweg nicht bearbeitet werden. Laut der Referentin habe die Ignoranz der türkischen Behörden gegenüber juristischen Mühen sowie die strafrechtliche Verfolgung von Jurist:innen in der Türkei, welche sich für eine Lösung der kurdischen Frage einsetzen, ein klares System. Ähnlich sehe es auch mit dem Antifolterkomitee des Europarats (CPT) aus, welches ein knappes halbes Jahr nach seinem Besuch auf Imrali immer noch keine Stellungnahme zur Situation der Gefangenen abgegeben hat. In der abschließenden Stellungnahme der Delegation wurde laut Anya Lean darauf verwiesen, dass das Thema der Totalisolation Abdullah Öcalans wie auch der anderen politischen Gefangenen kein abstraktes juristisches Problem, sondern ein politisches Problem sei, da es das ganze Leben einer Gesellschaft in einen permanenten Belagerungszustand versetze.

Isolation von Abdullah Öcalan durchbrechen

Wie im Publikum in der Diskussion ergänzend angemerkt wurde, hat die Totalisolation auf Imrali Auswirkungen auf die Gesellschaft in der Türkei und letztendlich auch auf Europa, was sich an der verschärften Kriminalisierung der kurdischen Diaspora oder der Solidaritätsbewegung hier zeige. „Durch die Isolation Abdullah Öcalans offenbart sich“, wie es anschließend von der Moderation hieß, „dass selbst die als universell angepriesenen Werte der Menschenrechte durch die Haltung und die Interessenpolitik europäischer Staaten verneint werden“. In einem abschließenden Redebeitrag wurde resümiert, dass der türkische Staat im Begriff sei, mit dem Imrali-System eine Herrschaftsform zu etablieren, die Stück für Stück normalisiert und zum politischen Standard werden soll. Eben deshalb sei es aber an allen Einzelnen, zivilgesellschaftlichen Druck aufzubauen, um mit dem Kampf gegen die Isolation von Abdullah Öcalan ebenso das System der Unterdrückung zu durchbrechen.