Der Krieg der Türkei im Fokus in Celle

Die Aggression des türkischen Staates gegen die Kurdinnen und Kurden hat eine neue Stufe erreicht. Im Rahmen des globalen Aktionstages von „Defend Kurdistan“ hat in Celle eine Kundgebung gegen den unbeachteten Krieg stattgefunden.

Im Schatten des Kriegs in der Ukraine geht der türkische Staat mit Luftangriffen, Artillerie und Bodentruppen gegen kurdische Gebiete in Nordostsyrien und im Nordirak vor. Die Unterdrückung der Kurd:innen in- und außerhalb der Türkei hat eine neue Stufe erreicht. Dabei schreckt die Türkei nicht vor dem Einsatz von Chemiewaffen zurück. Am Samstagmittag versammelten sich einige Aktivist:innen in der Celler Innenstadt, um im Rahmen eines globalen Aktionstages gegen den unbeachteten Krieg in Kurdistan zu demonstrieren.

In den letzten Tagen kündigte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan an, dass eine weitere Invasion gegen die Autonomiegebiete von Nord- und Ostsyrien geplant sei. Dort begeht das türkische Militär spätestens seit den Aggressionskriegen und Annexionen 2018 und 2019 immer wieder Kriegsverbrechen durch Vertreibungen, gezielte Angriffe gegen die Zivilbevölkerung und dem Zerstören der Lebensgrundlagen durch Trinkwasserknappheit und dem Verbrennen von landwirtschaftlichen Flächen. Darauf wies Luisa Wolf von den Kampagnen #Riseup4Rojava und „Defend Kurdistan“ eindringlich hin: „Es ist die Zivilbevölkerung, die sich als Verbündete der NATO gegen den sogenannten islamischen Staat (IS) gestellt hat und den europäischen Frieden teuer erkauft hat. Aus den angegriffenen Gebieten in Südkurdistan und Irak gibt es immer mehr Berichte und Untersuchungsergebnisse zu verübten Giftgaseinsätzen. All diese Verbrechen finden in der hiesigen Öffentlichkeit keine Aufmerksamkeit, sondern im Gegenteil: Der türkische Staat wird hofiert und militärisch wie wirtschaftlich unterstützt.“

Krieg in Kurdistan für die Türkei folgenlos

Eine Teilnehmende der Kundgebung äußerte: „Ich war beeindruckt über die Aufmerksamkeit und Anteilnahme am Krieg in der Ukraine, aber frage mich, warum ein Krieg mit so unglaublichen Verbrechen wie in Kurdistan folgenlos für den türkischen Staat bleibt? Kriege sind überall schrecklich und so sollte es auch eine starke Positionierung der Gesellschaft gegen jeden Krieg geben. Und damit auch Hilfe für alle, die davon betroffen sind.“


Eine andere Teilnehmerin sagte: „Nach dem Genozid 2014 im Şengal hat die ezidische Gesellschaft begonnen, sich selbst zu organisieren und Selbstverteidigungseinheiten aufzubauen, denn anderweitig können wir auf keinen Schutz hoffen. Wir können uns auf niemanden als uns selbst verlassen, denn damals wurden wir von der südkurdischen Regierung schutzlos dem IS ausgeliefert. Nun gibt es vermehrt Angriffe auf den Şengal und die Selbstverwaltung soll zerschlagen werden. Das können wir nicht hinnehmen.“

Deutsche Waffen und Technik beim Krieg in Kurdistan

Auf der Kundgebung wurde auch darauf hingewiesen, dass weiterhin deutsche Waffen und Technik in diese Kriegsverbrechen verwickelt sind und die Türkei in den Jahren 2018 und 2019 sogar der größte Abnehmer von deutschen Rüstungsgütern war. „Die eingesetzten Waffen wurden zum Teil hier in der Nähe, in Unterlüß, produziert. Es muss Verantwortung übernommen und dafür Sorge getragen werden, dass deutsche Waffen nicht länger ein tödliches Exportgut bleiben. Dafür brauchen wir mehr Menschen auf den Straßen, die sagen ‚Es ist genug!‘“, sagte ein Vertreter des Bündnisses „Rheinmetall entwaffnen“.


Die Demonstrierenden hoben hervor, dass der türkische Staat „faschistoid“ sei und als solcher in Nordostsyrien eine einzigartige demokratische Selbstverwaltung mit den zentralen Pfeilern Basisdemokratie, Geschlechterbefreiung und Ökologie angreift. „Solche demokratischen Tendenzen wurden in den letzten Jahren auch in der Türkei massiv bekämpft. Mit den Operationen über die Landesgrenzen hinaus ist ein neues Niveau der Vernichtungsidee gegen Kurd:innen erreicht worden“, sagte Luisa Wolf.

Aufrufende Gruppen

Aufgerufen zu der Aktion in Celle hatten neben der Kampagne Defend Kurdistan auch Women Defend Rojava, die feministische Organisierung „Gemeinsam Kämpfen - Für Selbstbestimmung und demokratische Autonomie“, der Zentralverband der ezidischen Vereine (Nav-Yek), der Dachverband des Êzîdischen Frauenrats e.V. (SMJÊ), die Regionalgruppe von Attac in Celle und Rheinmetall Entwaffnen Celle.