Protest gegen Urteile im Kobanê-Prozess
In Amed (tr. Diyarbakir) haben Hunderte Menschen gegen die Verurteilung der ehemaligen HDP-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş und 22 weiterer Angeklagter in dem als Kobanê-Verfahren bekannten Schauprozess protestiert. Aufgerufen zu der Demonstration hatten die politischen Partei DBP und DEM sowie die Bewegung freier Frauen (TJA). Die Teilnehmenden versammelten sich mit Fotos der verurteilten Politikerinnen und Politikern und einem Transparent mit der Aufschrift „Der IS hat verloren, auch seine Unterstützer werden verlieren“ vor dem DBP-Provinzverband und protestierten lautstark gegen die politische Justiz in der Türkei.
Die Polizei beanstandete das Transparent und intervenierte mehrfach gegen die Demonstration, die trotzdem wie geplant am Istasyon-Platz endete. Auf dem Platz wurden am 5. Juni 2015 fünf Menschen bei einer Wahlkundgebung der HDP durch einen IS-Anschlag getötet. Die Ko-Vorsitzende der DEM-Partei, Tülay Hatimoğulları, erklärte: „Genau an dieser Stelle explodierten Bomben, weil dem IS der Weg freigemacht wurde. Hier werden eines Tages diejenigen angeklagt und verurteilt werden, die den IS-Terror in der Türkei und im Nahen Osten zugelassen haben. Wir sind stolz auf unseren Kampf gegen den IS. Mit dem Widerstand von Kobanê haben wir den IS aufgehalten, und wir das werden wir auch weiter tun.“
Über 400 Jahre Gefängnis für die Verteidigung von Menschenrechten
Die hohen Haftstrafen im Kobanê-Prozess bezeichnete Tülay Hatimoğulları als juristisch verbrämten Vernichtungsfeldzug gegen Politikerinnen und Politiker, die gegen ein autoritäres Regime für Menschenrechte eingetreten seien: „Sie wurden zu insgesamt 407 Jahren Haft verurteilt, weil sie die Rechte aller in unserem Land lebenden Bevölkerungsgruppen verteidigt haben. Sie haben die Rechte der alevitischen Gemeinschaft verteidigt, die Frauen, die Armen, die Natur. Und sie haben deutlich gemacht, dass sie sich nicht unterkriegen lassen und aufrecht weiter Widerstand leisten. Es handelt sich um ein politisches Urteil in einem Prozess, dessen Anklageschrift in Erdoğans Palast und der Zentrale seines Juniorpartners MHP geschrieben wurde. Dieses inszenierte Verfahren ist ein Racheakt an der HDP, an den Unterdrückten und am kurdischen Volk. Die AKP und MHP haben gedacht, dass sie uns damit in die Knie zwingen können. Aber die HDP und die demokratischen Kräfte in der Türkei sind nicht eingeknickt. Hier im Zentrum von Amed teilen wir als revolutionäre, sozialistische und demokratische Menschen ein weiteres Mal mit, dass wir in unserem Kampf keinen Schritt zurückweichen werden. Wir stehen Schulter an Schulter mit dem kurdischen Volk.“
Kampagne im Gedenken der Todesopfer bei IS-Anschlägen
Die Demonstration in Amed sei der Auftakt für eine Kampagne, mit der an die Opfer der IS-Anschläge in der Türkei erinnert werden solle, teilte die DEM-Vorsitzende Tülay Hatimoğulları mit und sagte weiter: „Wir sind auf unserem Weg hierher etliche Male von der Polizei aufgehalten worden. Der MIT, dem angeblich keine Bewegung entgeht, und seine politische Führung haben bei den Massakern des IS zugesehen und sie ermöglicht. Genau darum geht es in unserem Kampf. Wir beginnen unsere Kampagne hier auf dem Istasyon-Platz und werden an weiteren Anschlagsorten der Toten gedenken. Das Kobanê-Verfahren wurde inszeniert, weil wir Widerstand gegen die Massaker geleistet haben. Der IS wurde zum ersten Mal in Kobanê besiegt, und dieser Widerstand hat auf der ganzen Welt Solidarität ausgelöst.“