DEM-Vorsitzende besuchen Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş

Die DEM-Vorsitzenden Tülay Hatimoğulları und Tuncer Bakırhan haben die in Ankara zu hohen Haftstrafen verurteilten ehemaligen HDP-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş im Gefängnis besucht.

„Ihre Moral und Motivation ist sehr hoch“

Die DEM-Vorsitzenden Tülay Hatimoğulları und Tuncer Bakırhan haben in den vergangenen beiden Tagen die ehemaligen HDP-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş im Gefängnis besucht. Die seit November 2016 inhaftierten Politiker:innen sind in der vergangenen Woche in dem als Kobanê-Verfahren bekannten Schauprozess in Ankara zusammen mit 22 weiteren Angeklagten zu hohen Haftstrafen verurteilt worden.

Wie die DEM-Vorsitzenden nach dem Besuch bei Figen Yüksekdağ in Kocaeli-Kandıra und bei Selahattin Demirtaş in Edirne mitteilten, haben die früheren Ko-Vorsitzenden der DEM-Vorgängerpartei HDP ihren Dank für die Solidarität während des Verfahrens übermittelt. Beide seien nach wie vor ungebrochen und in gutem Zustand. „Ihre Moral und Motivation ist sehr hoch“, sagte Tülay Hatimoğulları am Sonntag in Kocaeli. Der gesamte Prozess sei ein politischer Racheakt für die Solidarität mit Kobanê während der IS-Belagerung gewesen. Figen Yüksekdağ habe in dem Gespräch deutlich gemacht, „diese Solidarität, diesen Kampf für die Freiheit, die Solidarität mit dem kurdischen Volk, die Solidarität mit den Arbeitern, den Werktätigen, den Frauen, der Natur und den Menschenrechtsverteidigern“ fortzusetzen.

Tuncer und Tülay Hatimoğulları am Montag in Edirne

Im Hochsicherheitsgefängnis Edirne sprachen die DEM-Vorsitzenden am Montag über drei Stunden mit Selahattin Demirtaş und Selçuk Mızraklı, dem ehemaligen Ko-Bürgermeister von Amed (tr. Diyarbakir). Demirtaş habe sie mit einer würdevollen und bewussten Haltung empfangen und das Verfahren sehr umfassend analysiert, sagte Tülay Hatimoğulları: „Demirtaş steht an der gleichen Stelle, mit der gleichen Moral und Motivation wie zu der Zeit, als er Ko-Vorsitzender der Partei war. Das Urteil hat unsere beiden früheren Ko-Vorsitzenden nicht zurückgeworfen, im Gegenteil, es hat ihren Kampf noch verschärft. Alle im Kobanê-Prozess Verurteilten haben sich würdevoll verteidigt und gesagt, dass es sich um einen Schauprozess handelt. Mit den Verurteilungen wurde dem IS Honig ums Maul geschmiert, die IS-Mentalität wurde unterstützt. In diesem Bewusstsein appellieren unsere Freundinnen und Freunde an alle demokratischen Kräfte. Demirtaş und Yüksekdağ richten die folgende Botschaft an die gesamte Türkei: Wir sind im Gefängnis in Hochstimmung und senden allen unsere Grüße und Liebe. Diejenigen, die draußen sind, sollten keinen Schritt vom Kampf für Demokratie zurücktreten, sie sollten solidarisch sein.“

Kobanê steht für gemeinsamen Widerstand

Tuncer Bakırhan ergänzte: „Wenn wir an Kobanê denken, kommen uns Widerstand und Kampf in den Sinn. Widerstand und Kampf gegen wen? Wir sprechen von einem beispielhaften Kampf gegen den IS, den reaktionären, frauenfeindlichen Feind der Völker und Glaubensgemeinschaften im Nahen Osten. Es war ein gemeinsamer Kampf kurdischer, türkischer, arabischer und anderer Bevölkerungsgruppen, sie haben einen gemeinsamen Sieg errungen. Dieser Sieg hätte in der Türkei gefeiert werden müssen, stattdessen wurde er für einen Schauprozess instrumentalisiert. Die Niederlage des IS hat offensichtlich einige Menschen verärgert. Die Befreiung von Völkern und Frauen im Nahen Osten beunruhigt bestimmte Kreise.

Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ sind in den Herzen der Menschen in der Türkei ohnehin frei. Wir sehen sie nie im Gefängnis. Sie werden ihren Kampf im Gefängnis fortsetzen und wir werden draußen kämpfen, bis alle politischen Gefangenen freigelassen werden und die Türkei sich demokratisiert. Selahattin hat das Gleiche gesagt. Wir werden diesen Kampf gemeinsam, solidarisch und gestärkt führen, mit ihnen im Gefängnis und uns draußen, zusammen mit den Werktätigen und den Völkern. Wir werden uns mit aller Entschlossenheit dafür einsetzen, dass diese ungerechten und unrechtmäßig gesprochenen Urteile in der nächsten Instanz aufgehoben und unsere Freundinnen und Freunde freigesprochen werden.“

Diskurs über politische Normalisierung in der Türkei

Zu dem aktuellen Diskurs über eine vermeintliche Phase der Normalisierung in der Politik in der Türkei sagte Bakırhan: „Die Regierung hat eine Wahl verloren, eine große Niederlage. Jetzt hat sie einen Diskurs der Normalisierung und Aufweichung geführt, um die durch die Wahlergebnisse entstandene Situation zu kompensieren. Dass jedoch Paschas freigelassen wurden, während diese Urteile im Kobanê-Prozess gefällt wurden und die 83-jährige Mutter Makbule und Hatice Yıldız auf einer Bahre ins Gefängnis gebracht werden, hat wieder einmal gezeigt, dass Kurdinnen und Kurden, Werktätige und revolutionäre Menschen nicht in diesen Prozess der Aufweichung und Normalisierung einbezogen sind. Wir setzen uns für eine echte Normalisierung ein. Für eine wirkliche Normalisierung muss das Gesetz für alle gleich gelten. Im Moment gibt es für uns, für die in der Türkei lebenden Völker, keine erkennbare Normalisierung.“