DEM-Fraktion protestiert gegen Urteile im Kobanê-Prozess

Die DEM-Fraktion hat in Ankara mit einem Protestzug vom Parlament zum Justizministerium die Freilassung der im Kobanê-Verfahren verurteilten Politikerinnen und Politiker gefordert und die Opposition in der Türkei zum gemeinsamen Kampf aufgerufen.

Aufruf zum gemeinsamen Kampf

Abgeordnete der DEM-Partei haben in Ankara gegen die Urteile im Kobanê-Prozess protestiert und die Opposition in der Türkei zum gemeinsamen Kampf aufgerufen. Die Vizefraktionsvorsitzende Gülistan Kılıç Koçyiğit gab vor dem Parlamentsgebäude eine Erklärung ab, in der sie den Hintergrund des Verfahrens gegen den ehemaligen HDP-Vorstand und weitere Oppositionelle erläuterte. Koçyiğit erklärte, dass die HDP bei den Parlamentswahlen am 7. Juni 2015 mit 80 Abgeordneten ins Parlament einzog und die AKP daraufhin eine Wahlwiederholung anordnete und ein antikurdisches Bündnis mit der MHP und der Ergenekon-Struktur einging.

In dem als Kobanê-Verfahren bekannten Schauprozess in Ankara gegen insgesamt 108 Personen sind am vergangenen Donnerstag 24 der Angeklagten im Zusammenhang mit den Protesten gegen den IS-Angriff auf Kobanê im Jahr 2014 zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Die seit November 2016 inhaftierten früheren Ko-Vorsitzenden der HDP, Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ, wurden zu Rekordstrafen von insgesamt 42 beziehungsweise 32 Jahren Haft verurteilt. Zwölf Beschuldigte wurden freigesprochen, das Verfahren gegen die übrigen Angeklagten geht abgetrennt weiter.

Die DEM-Abgeordnete Gülistan Kılıç Koçyiğit wies in ihrer Erklärung darauf hin, dass am Tag der Urteilsverkündung im Kobanê-Prozess sieben als Putschisten verurteilte Generäle freigelassen wurden. „Das war kein Zufall und ist bezeichnend für die momentane Regierungsstrategie“, sagte Koçyiğit. Die angeschlagene AKP-Regierung benutze die Justiz als Instrument, um die Front gegen die kurdisch-demokratische Opposition zu verhärten und an der Macht zu bleiben. „Wir werden unseren Kampf für Demokratie, Gleichheit, Freiheit und Frieden in der Türkei verstärken und rufen alle gesellschaftlichen Gruppen, insbesondere die wichtigste Oppositionspartei, dazu auf, Seite an Seite gegen dieses Unrechtsregime zu kämpfen. Nur mit einem gemeinsamen Kampf können wir eine neue Ära für die Türkei einleiten. Die Wahlergebnisse vom 31. März haben eine Tür geöffnet. Es liegt in unseren Händen, diese Tür bis zum Ende aufzustoßen und eine demokratische Republik aufzubauen, um ein gleichberechtigtes und freies gesellschaftliches Leben zu ermöglichen.“

Nach der Erklärung liefen die Abgeordneten mit Bildern der Verurteilten im Kobanê-Verfahren zum Justizministerium und forderten ihre Freilassung. Der stellvertretende DEM-Fraktionsvorsitzende Sezai Temelli erklärte vor dem Justizministerium, dass es in der Türkei keine Gerechtigkeit gebe und eine Demokratisierung ohne eine politische Lösung der kurdischen Frage nicht möglich sei.