Am 9. Januar 2013 wurden mitten am Tag im Zentrum von Paris die PKK-Mitbegründerin Sakine Cansız (Sara), die KNK-Vertreterin Fidan Doğan (Rojbîn) und die kurdische Jugendaktivistin Leyla Şaylemez (Ronahî) mit jeweils drei Kugeln in den Kopf ermordet. Es gibt unbestreitbare Beweise dafür, dass dieses Massaker vom türkischen Staat geplant war und dass ein Auftragskiller namens Ömer Güney eingesetzt wurde. Der verhaftete Täter verstarb kurz vor Beginn des Mordprozesses in Paris.
Fast zehn Jahre später, am 23. Dezember 2022, wurden Emine Kara (Evîn Goyî), Mitglied des Exekutivrats der KCK, Mîr Perwer (Mehmet Şirin Aydın) von der kurdischen Kulturbewegung und der langjährige Aktivist Abdurrahman Kızıl bei einem zweiten Anschlag vor dem Kulturzentrum Ahmet Kaya in Paris ermordet.
Die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-F) und der Demokratische Kurdische Rat Frankreichs (CDK-F) haben zu den Jahrestagen der beiden Anschläge Demonstrationen für Gerechtigkeit und Transparenz in Paris angekündigt.
Die beiden kurdischen Organisationen verweisen hinsichtlich des Dreifachmordes von 2013 auf Dokumente, die die Verantwortung des türkischen Geheimdienstes MIT aufzeigen: „Die Ermittlungen im ersten Fall wurden jedoch durch die Weigerung der französischen Behörden behindert, die als Staatsgeheimnis eingestuften Informationen des Inlandsgeheimdienstes DGSI freizugeben. Im zweiten Fall ist der terroristische Charakter des Anschlags noch nicht erkannt worden, obwohl die Aussagen des (mutmaßlichen Mörders) William Malet eindeutig terroristische Motive hinter seiner Tat erkennen lassen, die bewusst auf unsere Vereinigung als Vertretung der kurdischen Bevölkerung abzielte. Trotz unserer Befürchtungen und Bedenken hinsichtlich des terroristischen Profils von William Malet haben die Ermittler:innen die verschiedenen französischen Nachrichtendienste noch nicht zu möglichen Verbindungen des Attentäters zu ausländischen Diensten befragt. Angesichts dieser Situation bekräftigen wir unsere Forderung nach Gerechtigkeit und Transparenz. Wir fordern, dass die Ermittlungen zu diesen Terroranschlägen rigoros, ehrlich und frei von jeglicher politischer Einflussnahme durchgeführt werden. Wir bekräftigen auch unsere Forderung nach Einbeziehung der Antiterrorstaatsanwaltschaft in das zweite Verfahren. Die französischen Behörden müssen unbedingt konkrete Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass in diesen Fällen nichts übersehen wird, einschließlich möglicher Verbindungen zum Ausland und der Beteiligung von Geheimdiensten. Wir fordern außerdem die Aufhebung des ,Staatsgeheimnisses' und die Veröffentlichung der Dokumente, die den Geheimdiensten im Zusammenhang mit diesen Fällen vorliegen. Darüber hinaus fordern wir eine stärkere internationale Zusammenarbeit, insbesondere um Licht in das höchst verdächtige Profil von William Malet zu bringen."
Demonstrationen im Dezember und Januar
Die kurdische Frauenbewegung und der CDK-F rufen zu zwei Großdemonstrationen in Paris auf, um gegen die beiden Massaker und die anhaltende Straflosigkeit zu protestieren und die Forderung nach Gerechtigkeit und Transparenz zu bekräftigen. Die erste Demonstration wird am 23. Dezember und die zweite am 6. Januar 2024 stattfinden. Für die Demonstration im Januar wird europaweit mobilisiert.
Bei der letzten Großdemonstration in Paris gegen die tödlichen Anschläge von 2013 und 2022 im Januar dieses Jahres sind Dutzende Busse aus Deutschland auf der Anreise in Aachen gestoppt und kontrolliert worden. Insgesamt 24 Personen wurde die Ausreise von der Bundespolizei mit der Begründung untersagt, dass die Teilnahme an der Demonstration in Paris den Interessen der Bundesrepublik schade.